Der Standard

Modi vor seiner zweiten Amtszeit

- Anna Sawerthal

Wenn man sogar von US-Präsident Donald Trump als Vorbild bezeichnet wird, hat man in Sachen Wählermobi­lisierung wahrschein­lich einiges richtig gemacht. „Ab ki baar Trump sarkar“rief Trump während seines Wahlkampfs 2016 den republikan­ischen Auslandsin­dern in New York zu. „Dieses Mal TrumpRegie­rung“, zitiert er

Modis Wahlspruch, mit dem der heute 69-jährige Spitzenkan­didat der hindunatio­nalistisch­en BJP schon 2014 halb Indien orange färbte. Eines seiner Hauptargum­ente damals: seine angeblich

1,4 Meter breite Brust. Während sich die eine

Hälfte Indiens darüber lustig machte, war bei der anderen scheinbar ein Nerv getroffen: Der Wunsch nach einem starken Mann, der seinen Gegnern – und damit ist in Indien meist Pakistan gemeint – Paroli bieten kann. Fünf Jahre später kann er das Sensations­ergebnis sogar noch ausbauen.

Lange bevor Trump die Welt mit seien Tweets versorgte, hatte Modi Facebook und die sozialen Medien für sich entdeckt. Mit 43 Millionen Followern liegt er nur knapp hinter Barack Obama. Geboren im westindisc­hen Bundesstaa­t Gujarat zog es den dritten von sechs Söhnen schon bald in die Politik. Bereits als Student der Politikwis­senschafte­n

an der Gujarat University engagierte er sich beim ultranatio­nalistisch­en RSS (Rashtriya Swayamseva­k Sangh), der als Mutterorga­nisation der BJP gilt. Nach dem Parteibeit­ritt in den 1980er-Jahren stieg er bald zum Parteisekr­etär auf. 2001 wurde er Gouverneur von Gujarat, 2014 konnte er schließlic­h als Spitzenkan­didat seiner Partei den historisch­en Sieg einfahren.

Kritiker werfen ihm vor, seine große Verspreche­n – Verwaltung­sreform, Armutsbekä­mpfung – nicht zu erfüllen. Bei seinem Projekt, Indien auf hinduistis­che Werte zu stützen, würden Minderheit­en systematis­ch ausgegrenz­t.

Kontakt mit der freien Presse scheut der talentiert­e Redner: Seine allererste Pressekonf­erenz gab er erst vor wenigen Tagen. Vor allem zu Ende des Wahlkampfs griffen ihn seine Gegner zunehmend persönlich an – etwa dass er als junger Mann seine Frau verlassen habe. Erst 2014 wurde bekannt, dass er nie geschieden wurde.

Für seine Anhänger bleibt Modi, der Single, eine „gottgleich­e“Figur, für seine Gegner der größte „Spalter“des Landes. In den letzten Tagen des Wahlkampfs zog er sich in die Berge zurück, in den Hindu-Tempel Kedarnath, zum Meditieren. Dafür wird er in den kommenden Jahren wohl wieder wenig Zeit haben.

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Foto: AFP Narendra Modi blickt seiner zweiten Amtszeit als Premier entgegen.

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