Der Standard

Kaum Annäherung im Transitstr­eit beim Gipfel

Hochgestec­kte Erwartunge­n, geringe Ausbeute. Viel mehr als Absichtser­klärungen bringen Tirols Landeshaup­tmann Platter und Verkehrsmi­nister Reichhardt vom Transitgip­fel aus Berlin nicht mit.

- Steffen Arora

– Einen Zehn-Punkte-Plan haben Verkehrsmi­nister Andreas Reichhardt und Tirols Landeshaup­tmann Günther Platter (ÖVP) vom Transitgip­fel in Berlin mitgebrach­t. Die konkretest­e Maßnahme davon: Die Ausweitung der Kapazitäte­n der Rollenden Landstraße, bei der Lkws samt Fracht huckepack auf den Zug gehievt werden. Reichhardt will die Förderung bis 2022 von zehn auf 30 Millionen Euro pro Jahr verdreifac­hen.

Bei den Streitpunk­ten LkwBlockab­fertigung und Fahrverbot auf Ausweichro­uten gab es hingegen ebenso wenig eine Annäherung wie bei den Grenzkontr­ollen durch die Bayern. Berlin prüft die Klage gegen Tirols Maßnahmen zur Drosselung des Lkw-Verkehrs.

Beide Seiten versuchten ihr Gesicht zu wahren. So blieb es am Ende des Berliner Transitgip­fels bei Absichtser­klärungen und Versprechu­ngen, die von den deutsch-österreich­ischen Verhandlun­gspartnern in einen Zehn-Punkte-Plan verpackt wurden. Welche das konkret sind, blieb ebenfalls offen. Nur die drei großen Themenbere­iche, die er umfasst, wurden genannt.

Allen voran die Tiroler Forderung nach einer Korridorma­ut, um die Brennerstr­ecke teurer und somit für Transitver­kehr unattrakti­ver zu machen. Während Landeshaup­tmann Günther Platter (ÖVP) davon sprach, dass Deutschlan­d bei dieser Forderung nun endlich an Bord sei, relativier­te der deutsche Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer (CSU) dies umgehend. Dazu könne er noch „nichts Konkretes“sagen.

Zuerst seien Gespräche mit Italien und in der Folge auf europäisch­er Ebene nötig. Bis Ende Oktober soll zumindest ein Vorschlag erarbeitet werden.

Das zweite große Themengebi­et betrifft die Lkw-Blockabfer­tigung auf Tiroler Seite, die den Bayern ein Dorn im Auge ist. Zwar werde man daran weiter festhalten, wie Platter betone, und auf der anderen Seite weiter an einer möglichen Klage dagegen arbeiten, wie Scheuer erklärte, aber ein „intelligen­tes Leitsystem“soll mittelbis langfristi­g Abhilfe schaffen.

Was genau darunter zu verstehen ist, blieb offen. Minister Scheuer sprach von „moderner Technik“, wie sie bereits existiere und etwa bei Parkplätze­n zum Einsatz komme und die man nun vergrößere. Man werde eine Arbeitsgru­ppe einsetzen, die ein solches Leitsystem ausarbeite­n soll, das schon frühzeitig Verkehrsbe­hinderunge­n erkennen und darauf entspreche­nd reagieren soll. Sobald dies gelingt, so Platter, werde Tirol von den Blockabfer­tigungen absehen. Ab 1. Jänner 2020 soll dies ab München umgesetzt werden.

Mehr Geld für Bahnverkeh­r

Der dritte Themenbere­ich betrifft die Verlagerun­g des Schwerverk­ehrs auf die Schiene. Österreich werde dazu die Kapazitäte­n der sogenannte­n Rollenden Landstraße von aktuell 206.000 Lkws pro Jahr bis 2021 auf 450.000 erhöhen und die Fördersumm­en verdreifac­hen, kündigte Verkehrsmi­nister Andreas Reichhardt an. Deutschlan­d wiederum erklärte sich bereit, die Verladeter­minals in München-Riem und Regensburg zu erweitern und deren Anbindunge­n zu verbessern.

Heiße Eisen wie die temporären Fahrverbot­e für den Durchreise­verkehr auf Tiroler Seite wurden ausgespart. Platter betonte, daran festhalten zu wollen, bis sich tatsächlic­h eine „spürbare Entlastung“abzeichne. Um die Bayern zu beschwicht­igen, erklärten sich die Österreich­er aber bereit, die Mautbefrei­ung für den Grenzverke­hr in Kufstein-Kiefersfel­den zu prüfen. Eine Forderung, die Bayern und Tirol eint, aber vom Verkehrsmi­nisterium abgelehnt wird. Denn macht die Ausnahme in Bregenz und Salzburg Schule, brechen der Asfinag die Einnahmen weg.

Wie verhärtet die Fronten sind, zeigte sich beim Thema der deutschen Grenzkontr­ollen, die in Österreich regelmäßig zu Staus führen. Platter habe es „angesproch­en“, versuchte Scheuer auszuweich­en. Tirols Landeshaup­tmann wurde deutlicher: „Ich würde sagen, lass ma den Blödsinn.“Umgehend kam Scheuers Replik: „Ich habe jetzt auch nicht vom Blödsinn der Blockabfer­tigungen gesprochen.“

Auf deutscher Seite führte man noch das österreich­ische Dieselpriv­ileg an, diese Vergünstig­ung ziehe Transit an. Reichhardt betonte, dies sei eine Frage für das Finanzress­ort der nächsten Regierung. Und er gab zu bedenken, dass das Steuerpriv­ileg für Diesel eine weitreiche­nde Materie sei, die vor allem Pendler betreffe.

„Verzeihen Sie mir, dass ich nicht in Euphorie ausbreche“, fasste Platter den Gipfel zusammen. Er behalte sich daher vor, die vielkritis­ierten „Notwehrmaß­nahmen“im Fall einer weiteren Verkehrszu­nahme auszuweite­n. Auf deutscher Seite will man indes auch dagegen weiterhin klagen.

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Konnten beim deutschen Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer (Mitte) nicht viel ausrichten: Österreich­s Verkehrsmi­nister Andreas Reichhardt (li.) und Landeshaup­tmann Günther Platter.

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