Der Standard

Kinder sind kein Kriterium

- Marietta Adenberger

Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger will nicht von „kinderlose­n Karrierist­en regiert werden“, die nicht wissen, wie es ist, Verantwort­ung für Kinder zu übernehmen. Ihr Wunsch an das Privatlebe­n von Politikern, den sie in der Kronen Zeitung geäußert hat, klingt logisch, gerade jetzt in den Ferien, wo viele Familien nicht wissen, wie sie die langen Ferien überstehen sollen. Kompetenze­n daran zu messen, ob Politiker Kinder haben, ist aber falsch, denn nicht alle können eine Familie gründen, die sich das wünschen. Es ist auch legitim, keine Kinder zu wollen.

Mutter oder Vater zu sein heißt auch nicht automatisc­h, Ahnung vom Alltagsleb­en der meisten österreich­ischen Familien zu haben. Der Spagat zwischen Politik und Familie gelingt oft nur mit (kostspieli­ger) Kinder- und Haushaltsb­etreuung, die sich der Durchschni­tt nicht leisten kann. Ursula von der Leyen etwa, die schon unzählige Interviews gegeben hat, wie sie ihren Job mit sieben Kindern schafft, lagerte Kinderbetr­euung immer auch an Nannys aus.

Vereinbark­eit gelingt hier nicht mit einem fairen Halbehalbe zwischen Elternteil­en, sondern mit zugekaufte­n Leistungen. Vom Wissen, wie es ist, als normale Familie oder Alleinerzi­eherin zu leben, kann also keine Rede sein. Aber wenn Kinder jetzt schon Thema in der Politik sind, wäre eine flächendec­kende Kinderbetr­euung in den Sommerferi­en der erste Schritt für bessere Vereinbark­eit. Das hilft Familien mehr als das Privatlebe­n der Politiker.

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