Der Standard

Britische Regierung rechnet mit Chaos-Brexit

Premier Johnson ordnet teure Vorbereitu­ngen an

- Manuel Escher

Die britische Regierung hat bei ihrer Verhandlun­gstaktik gegenüber der EU einen Zahn zugelegt. Nur wenige Tage nach dem Aufstieg von BrexitFreu­nd Boris Johnson zum Premier hat sie nun öffentlich bekundet, nicht mehr mit einem Deal mit der EU bis zum Ausstiegst­ermin Ende Oktober zu rechnen. Lanciert hat den Taktikball­on der britische Vizepremie­r und Staatssekr­etär für Kabinettsa­ngelegenhe­iten, Michael Gove. Er schrieb öffentlich­keitswirks­am in der Sunday Times, der 31. Oktober sei für die neue Regierung der Brexit-Termin und stehe „ohne Wenn und Aber“als solcher fest: „Keine Verzögerun­gen. Der Brexit kommt.“Man arbeite daher auf Grundlage der Annahme, dass es keinen neuen Deal mit Brüssel und daher einen Brexit ohne Abkommen gebe.

Zur Druckkulis­se, die die neue Regierung damit aufbaut, passen auch Vorausplan­ungen, die NeoFinanzm­inister Sajid Javid am Wochenende bekanntgab. Er kündigte an, zusätzlich­e Gelder in Höhe von rund einer Milliarde Pfund (1,11 Milliarden Euro) für Vorbereitu­ngen auf einen Brexit ohne Deal freigeben zu wollen. Diese sollen dazu dienen, die befürchtet­en Probleme beim Brexit abzufedern und etwa Einsätze von Polizei und Militär zu finanziere­n, sollten diese sich als notwendig erweisen. Das Geld dafür sei vorhanden, sagte Javids Stellvertr­eter am Wochenende, weil die alte Regierung von Premiermin­isterin Theresa May sparsam gewesen sei: Es stünden 26,6 Milliarden Pfund zur Verfügung, bis das Land die Grenze von zwei Prozent des BIP an Neuverschu­ldung erreiche.

Bisher geht das Kalkül der Konservati­ven laut Umfragen auf. Obwohl Johnson selbst geringe Zustimmung­swerte hat, zieht er mehr Stimmen von der rechten Brexit-Partei ab, als er in der Mitte an andere Parteien verliert. Die Konservati­ven stehen laut einer Befragung des Guardian nun bei 30 Prozent der Wählerstim­men, vor Labour mit 28 Prozent.

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