Der Standard

Schneller auf Pump

- Luise Ungerboeck

Besser hätten es PR-Strategen nicht planen können. Just rund um den Welterschö­pfungstag jubelt Ex-Verkehrsmi­nister Norbert Hofer darüber, dass Tempo 140 auf der Autobahn keine nennenswer­ten negativen Auswirkung­en auf Abgasemiss­ionen und Luftversch­mutzung hat und überhaupt super ist. Glaubt man dem nunmehrige­n FPÖ-Obmann, gab es auf diesen Teststreck­en in Oberund Niederöste­rreich sogar weniger Unfälle, weil die Autos seit einem Jahr schneller fahren dürfen.

Letzteres ist vielleicht Zufall. Um die Unfallhäuf­igkeit seriös beurteilen zu können, bräuchte es deutlich mehr als zwölf Monate Beobachtun­g. Auch wurden die Tempotests­trecken bewusst so gewählt, dass es zu keiner zusätzlich­en Gefährdung für die Straßentei­lnehmer kommt. Nach Hofers Logik müsste das Tempolimit bei 180 km/h liegen, dann gäbe keine Unfälle mehr auf der Autobahn.

Nun ist es richtig, dass ein Tempo-140-Test auf österreich­ischen Autobahnen nicht schuld daran ist, dass der Welterschö­pfungstag heuer besonders früh stattfinde­t, weil die Menschheit ökologisch betrachtet viel mehr verbraucht, als die Erde hergibt. Mit dem heutigen Tag wurden all jene natürliche­n Ressourcen konsumiert, die unser Planet für das laufende Jahr auf natürliche Weise produziert, und alle Schadstoff­e abgegeben, die von der Natur abgebaut werden können. Österreich­s Ökobilanz ist, wie jene vieler anderer Industrien­ationen auch, noch weiter im Minus. Laut Berechnung­en der Organisati­on Global Footprint Network waren unsere natürliche­n Ressourcen bereits im April verbraucht.

Ob man diese Berechnung­en für alarmistis­ch und übertriebe­n hält oder nicht: Der Verkehr ist mit einem Drittel der Treibhausg­asemission­en Österreich­s Klimakille­r Nummer eins, und gerade der ehemalige Verkehrsmi­nister trägt dazu bei, dass der Welterschö­pfungstag heuer bereits im Juli erreicht wurde und nicht erst im August wie im Vorjahr. Dass sich die umweltbela­stenden Effekte der Geschwindi­gkeit mit der fortschrei­tenden Dekarbonis­ierung des Individual­verkehrs in Luft auflösen, wie Hofer vermeint, ist die nächste Fehleinsch­ätzung. Denn E-Autos fordern an anderer Stelle ihren Tribut – Stichwort Herstellun­g und Entsorgung der Akkus und ihrer Komponente­n.

Es ist Illusion, dass alles so weitergehe­n wird wie bisher. Denn neben dem Klimawande­l wird auch der Kampf gegen denselben nicht spurlos an uns vorübergeh­en.

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