Personalmangel an den Gerichten
Das anhaltende Sparen im Justizbereich hat schon vergangenes Jahr für massiven Protest der Richterschaft wie auch der Staatsanwältinnen und -anwälte gesorgt. An der Grundproblematik hat sich nichts geändert. So ist bei Letzteren die Zahl der Planstellen zwar mehr oder weniger gleich geblieben, die Arbeit hat sich aber in den vergangenen Jahren drastisch verändert. Neue Felder wie die Bekämpfung des internationalen Terrors und Cybercrime sind dazugekommen. Zugenommen habe auch die inhaltliche Arbeit – Beispiel große Wirtschaftsprozesse. Für den Kampf gegen den Hass im Netz wurden 2017 fünf Planstellen zugesagt – dabei ist es aber auch geblieben.
„Es mangelt überall“, stellt etwa auch Richterin Nicole Baczak nüchtern fest. Sie ist Betriebsausschussvorsitzende am Landesgericht für Strafsachen Wien. Besonders dramatisch sei die Situation bei den Schriftführern, die die Verhandlungen protokollieren: „Laut Stellenplan haben wir 17 Köpfe, da auch Teilzeitkräfte dabei sind, sind es real 15,7. Drei davon sind nur für das Buwog-Verfahren abgestellt, eine ist länger im Krankenstand, tatsächlich stehen also nur 11,7 Schriftführerinnen zur Verfügung.“Im Alltag müssen diese Aufgaben nun Rechtspraktikantinnen übernehmen, die dafür aber eigentlich nicht ausgebildet sind.
Der Personalstand bei den Büromitarbeiterinnen und -mitarbeitern und den Diplomrechtspflegern sieht generell traurig aus. Derzeit gibt es 5666 Vollzeitkräfte. In den vergangenen Jahren sind laut Justiz-Gewerkschafter
Gerhard Scheucher rund 400 Stellen in den Gerichtskanzleien eingespart worden. Damit nicht genug, sei für das nächste Jahr im Budgetrahmengesetz die Streichung weiterer 169 Planstellen im Kanzleibereich festgeschrieben worden. Scheucher fordert nun die Rücknahme dieses Sparziels. Und dann kommt noch ein demografisches Problem hinzu: Alleine um die Pensionsabgänge der nächsten vier Jahre abdecken zu können, müsste es insgesamt 250 Ausbildungsplanstellen geben. Derzeit sind zirka 100 Diplomrechtspflegerinnen und -pfleger wie auch Bezirksanwälte in Ausbildung. Der Gewerkschafter fordert daher eine Ausbildungsoffensive mit weiteren 150 Stellen.
Für die Bürger ist die Personalnot in der Justiz längst auch an anderen Stellen spürbar geworden. So wurden etwa die Zeiten für den Parteienverkehr eingeschränkt. Ein Beispiel von vielen: das Service-Center im Straflandesgericht Wien. Dort wird seit einigen Wochen nicht mehr Montag bis Freitag von 7.30 bis 15.30 Uhr beraten, sondern an allen Tagen außer Mittwoch nur noch bis 14.00 Uhr. In der mit 1,75 Planstellen bedachten Anlaufstelle werden zum Beispiel Auskünfte gegeben, und man kann bei Voranmeldung Akteneinsicht nehmen. „Wir hätten Arbeit für drei bis vier Personen“, sagt Gabriele Klaunig, die dort arbeitet. Ihre Arbeitstage beginnen um 6.00 Uhr in der Früh, sie bearbeite dann Mails und Faxe – eine Arbeit, die sie während der Öffnungszeiten nicht unterbringe. Es gebe 140 bis 185 Anfragen täglich. (red)