Übervolle Gefängnisse
Gefängnisse sollten eigentlich nicht nur dazu da sein, die Gesellschaft vor Straftätern zu schützen, sondern sie sollten auch Orte zur Resozialisierung sein. Die Rahmenbedingungen machen das aber nicht immer leicht, wie Experten seit Jahren beklagen. Viele Justizvollzugsanstalten – es gibt in Österreich 28 Gefängnisse plus zwölf Außenstellen – sind chronisch überbelegt.
Laut der Beantwortung einer aktuellen parlamentarischen Anfrage von SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim durch Minister Clemens Jabloner wiesen zuletzt (Stand Februar 2019) zwölf von 40 Standorte einen Belagsstand von über 100 Prozent auf. Am größten war die Überbelegung in der Justizanstalt Wien-Josefstadt, die eigentlich für maximal 990 Häftlinge ausgelegt ist, in der aber tatsächlich 1148 Menschen untergebracht waren. Österreichweit lag die Auslastung bei 98,9 Prozent. Insgesamt gab es im Februar mehr als 9300 Insassen aus 103 unterschiedlichen Nationen, was die Kommunikation und somit die Arbeit der Justizwachebeamten erschwert. Es gibt zwar auch einige Standorte, die nur rund zur Hälfte ausgelastet sind (etwa Gerasdorf oder Wilhelmshöhe), das sei aber vor allem auf gelockerten Vollzug zurückzuführen, schreibt Jabloner in der Anfragebeantwortung.
Der neue Minister teilte zuletzt mit, dass die nächste Regierung für den Strafvollzug mit einem finanziellen Mehrbedarf von rund 66 Millionen Euro rechnen müsse. Allein 21,8 Millionen Euro würden benötigt, um die angestrebte Personalaufstockung finanzieren zu können. Zusätzlich 23,8 Millionen Euro brauche man im Bereich des Maßnahmenvollzugs (geistig abnorme Rechtsbrecher) und die medizinische Versorgung von Insassen.
Unterstützung bekamen die Justizanstalten auch bereits von ExMinister Josef Moser. Er forderte im April, gemeinsam mit Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache, 150 zusätzliche Justizwache-Planstellen (aktuell gibt es 4052 Bedienstete). Da Straches Ibiza-Video wenige Wochen später die türkis-blaue Koalition beendete, wurden die Budgetverhandlungen aber aufgeschoben. Mit der Frage, welche Ressourcen der Strafvollzug künftig tatsächlich zugeteilt bekommt, muss sich also die nächste Koalition auseinandersetzen. (go)