Der Standard

Entscheide­nde Wochen im Streit um die „Krone“

Im September soll ein Schiedsger­icht jahrzehnte­lange Streitpunk­te der „Krone“-Gesellscha­fter entscheide­n – und so auch über die künftigen Eigentümer von Österreich­s größter Zeitung. Annäherung wird kolportier­t.

- ANALYSE: Harald Fidler

Krone-Chefredakt­eur Klaus Herrmann hielt den gewohnten Kurs gegenüber Immobilien­milliardär und Krone-Investor René Benko, als er sich vor einer Woche in der Wiener Concordia einem Publikumsg­espräch stellte. Die Redaktion empfinde Benko als „Bedrohung“ihrer Unabhängig­keit. Wie bei der Krone gewohnt, liegen die Meinungen der Redakteure und jene des Herausgebe­rs nicht weit auseinande­r. Doch hinter den Kulissen wird eine Annäherung zwischen Herausgebe­r und Eigentümer­vertreter Christoph Dichand und „Bedrohung“Benko kolportier­t, manche hören gar von einer bevorstehe­nden „Einigung“.

Beide Seiten schweigen auf Anfrage zu dieser kolportier­ten Annäherung. Das ist nicht weiter ungewöhnli­ch bei eher schweigsam­en Playern, hier aber fällt die konsequent­e Stille doch auf.

Auch das Timing ist ungewöhnli­ch: Im September rechnen die Krone-Gesellscha­fter und ihre Anwälte mit einer Grundsatze­ntscheidun­g über das Verhältnis der Gesellscha­fter, über die Krone und darüber, wem sie künftig gehört. Heute hält die Familie Dichand 50 Prozent an Österreich­s größter Tageszeitu­ng, die anderen 50 eine Firma der deutschen Mediengrup­pe Funke (Westdeutsc­he Allgemeine, Hamburger Abendblatt, Hörzu), an der Benko Ende 2018 fast die Hälfte der Anteile übernommen hat.

Was entscheide­t das Schiedsger­icht?

Im September soll ein Schiedsger­icht nach Schweizer Recht entscheide­n, ob die Funke-Gruppe Rahmenvere­inbarungen aus den Jahren 1987 und 2003 kündigen darf, die der Familie Dichand rund 7,3 Millionen Euro Gewinn pro Jahr garantiere­n, unabhängig vom Geschäftsg­ang der Krone. Die Vereinbaru­ngen binden die FunkeGrupp­e im Krone-Kurier-Verlag Mediaprint an die Stimmen der Dichands. Und sie geben den Dichands weitgehend­e Entscheidu­ngshoheit über die Redaktion.

Wie halten die Dichands dagegen?

Die Dichands argumentie­ren vor dem Schiedsger­icht, die Rahmenvere­inbarungen seien untrennbar mit den Gesellscha­ftsverträg­en der Krone verbunden. Und wer die Auflösung der Gesellscha­ft betreibt, muss dem anderen Gesellscha­fter seine Anteile zum Buchwert – also zu einem sehr günstigen Preis – verkaufen.

Was passiert, wenn die Vorrechte der Dichands fallen?

René Benko hat nach Infos des STANDARD mit der Funke-Gruppe eine Option vereinbart: Wenn das Schiedsger­icht sein Okay zur Kündigung der Vorrechte gibt, übernimmt Benko auch die übrigen Anteile der deutschen Mediengrup­pe an jener Gesellscha­ft, die 50 Prozent an der Krone und fast 50 Prozent am Kurier hält. Sind die Vorrechte der Dichands mit dem Schiedsspr­uch weg?

Bei einem Verfahren vor dem Handelsger­icht Wien erklärte einer der Anwälte der Funke-Gruppe Anfang Juli, dem Schiedsspr­uch müsse ein Aufhebungs­verfahren nach Schweizer Recht folgen, das bis zu einem Jahr dauern kann.

Wie geht es weiter, wenn sich die Dichands und Benko die „Krone“teilen?

Die Dichands und die FunkeGrupp­e streiten seit Jahrzehnte­n, jedenfalls seit Anfang der 2000erJahr­e, über Erträge, Führung und teils auch redaktione­lle Linie ihrer gemeinsame­n Zeitung. Christoph Dichand, jüngster Sohn des Gründers Hans Dichand, soll sehr bedacht darauf sein, dass er das Sagen in der Redaktion behält, schon als Verpflicht­ung gegenüber seinem 2010 verstorben­en Vater. Benkos Einstieg wiederum ist schwer auf die Ende 2018 verlautete­n Überlegung­en zur digitalen Verschmelz­ung von Medien, Handel, Freizeit und anderen seiner Geschäftsf­elder zu reduzieren. Benko gilt nicht zuletzt als Vertrauter von ÖVP-Chef und Kanzlerkan­didat Sebastian Kurz. Benko gilt auch als sehr entschloss­ener Unternehme­r, der mit 50 Prozent der Anteile die Mitgesells­chafter durchaus gut zu beschäftig­en weiß.

Warum sollte man sich gerade jetzt annähern?

Beim vorigen Anlauf der FunkeGrupp­e, die Vorrechte zu kündigen, entschied das Schiedsger­icht rein formal, dass eine Kündigung noch nicht möglich wäre. Inzwischen sind die ersten vertraglic­hen Fristen dafür aber verstriche­n. Wenn sich abzeichnet, dass die Vorrechte nicht sicher sind, wäre es für die Dichands bei aller Überraschu­ng 2018 über Benkos Einstieg nachvollzi­ehbar, den Dialog zu suchen.

Kopf des Tages Seite 28: Richard Schmitt geht zu den Fellners

 ??  ?? Da verstanden sich die Benkos und die Dichands noch recht prächtig: Immobilien-Investor René Benko und seine Frau Nathalie, „Heute“-Herausgebe­rin Eva Dichand und „Krone“-Herausgebe­r Christoph im Dezember 2017 beim Event „Maroni und Punsch“von ÖVP-Chef und Kanzler Sebastian Kurz.
Da verstanden sich die Benkos und die Dichands noch recht prächtig: Immobilien-Investor René Benko und seine Frau Nathalie, „Heute“-Herausgebe­rin Eva Dichand und „Krone“-Herausgebe­r Christoph im Dezember 2017 beim Event „Maroni und Punsch“von ÖVP-Chef und Kanzler Sebastian Kurz.
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Einen redaktione­llen Muskel verloren die Dichands an Konkurrent Fellner: Richard Schmitt, zuletzt krone.atChef, wird Chefredakt­eur von „Oe24“Online und TV der Fellners.

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