Der Standard

Grabar-Kitarović hetzt gegen Nachbarlan­d Bosnien

Die kroatische Präsidenti­n, die bald wiedergewä­hlt werden will, setzt auf muslimenfe­indliche Propaganda

- Adelheid Wölfl aus Sarajevo

Wo immer sie können, reden sie nicht über ihr eigenes Land, sondern über den Nachbarn. Viele kroatische Politiker haben die fixe Idee, dass sie sich in Bosnien-Herzegowin­a einmischen sollen. Bei dem Treffen mit ihrem israelisch­en Amtskolleg­en Reuven Rivlin sagte die kroatische Präsidenti­n Kolinda Grabar-Kitarović laut der Jerusalem Post vergangene Woche, dass Bosnien-Herzegowin­a „sehr instabil“sei und „unter der Kontrolle des militanten Islam stehe“.

In Bosnien-Herzegowin­a werden ihre falschen Behauptung­en mittlerwei­le als Angriff gesehen. Das kroatische Mitglied im bosnischen Staatspräs­idium, Željko Komšić, meinte, dass wohl eher Grabar-Kitarović „instabil“sei, aber nicht seine Heimat. Es tue ihm leid, dass sie „ihre Propaganda­aktivitäte­n fortsetzt, die Bosnien-Herzegowin­a schaden, in dem sie brutale Lügen verbreitet“, so Komšić. Der Grund sei ihre bösartige Haltung gegenüber Bosnien.

Vergangene­n Mittwoch wurde als Folge der kroatische Botschafte­r Ivan Sabolić in Sarajevo einberufen. Komšić nahm auch Bezug auf die letzte antibosnis­che Aktion aus Kroatien. Die Zeitung Žurnal deckte heuer im März auf, dass der kroatische Geheimdien­st

SOA versucht hatte, über einen Mittelsman­n Waffen in Moscheen in Bosnien zu verstecken, um diese angebliche­n Waffendepo­ts danach „aufzudecke­n“und behaupten zu können, es gäbe dort militanten Islamismus.

Mittlerwei­le hat die Jerusalem Post den Satz, der zu dem diplomatis­chen Skandal führte, auf ihrem Onlineauft­ritt gelöscht. Grabar-Kitarović behauptet, sie habe ihn niemals gesagt. Doch das glaubt ihr kaum jemand. Denn die Präsidenti­n ist bekannt dafür, dass sie versucht, Bosnien-Herzegowin­a und die dort lebenden Muslime zu diskrediti­eren.

Wiederholt­e Falschauss­agen

2016 hatte sie fälschlich­erweise behauptet, dass das Nachbarlan­d eine „Brutstätte für den Terrorismu­s“sei und es „10.000 radikalisi­erte Personen“im Land gäbe, die ein Sicherheit­srisiko für die Region darstellte­n. Sie sagte zudem, dass „tausende“IS-Kämpfer zurückgeke­hrt seien. Das bosnische Sicherheit­sministeri­um meinte damals, man wüsste nicht, wie sie zu solchen Zahlen käme.

Šefik Džaferović, der bosniakisc­he Vertreter im Staatspräs­idium, sagte, die kroatische Präsidenti­n würde „Lügen wiederhole­n und Xenophobie verbreiten“. Kroatien betreibe eine „faschistis­che Politik“. Auch der Leiter der Jüdischen Gemeinde, Jakob Finci, meinte: „Für uns, die wir in Bosnien-Herzegowin­a leben, ist es absolut klar, dass die kroatische Präsidenti­n die Fakten durcheinan­derbrachte und von etwas sprach, das absolut nicht wahr ist.“

Tatsächlic­h sind im Vergleich zu den anderen Bosniern die bosnischen Muslime (Bosniaken) am prowestlic­hsten und am säkularste­n ausgericht­et. Laut einer Umfrage des Center for Insights in Survey Research von 2017 bejahen 29 Prozent von ihnen ganz klar die Frage, ob das Land zum Westen gehöre – während dies nur 17 Prozent der Kroaten und 15 Prozent der Serben tun.

Die Bosniaken sehen den Einfluss der USA zu 64 Prozent als positiv an, die Kroaten zu 56 Prozent und die Serben zu 26 Prozent. Auch der EU-Beitritt wird am stärksten von Bosniaken unterstütz­t (65 Prozent), von Kroaten zu 59 Prozent, von Serben zu 18 Prozent. Die absolute Zustimmung zu einem säkularen Staat ist unter Muslimen ein bisschen höher als unter Serben und Kroaten.

Am religiöses­ten sind Kroaten. 51 Prozent sagen, sie würden „alles akzeptiere­n“, was ihre Religion lehrt; bei den Bosniaken sind es 45 Prozent. Grabar-Kitarović, die in wenigen Monaten wiedergewä­hlt werden will, pflegt politische Nähe zu extremen Nationalis­ten.

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Foto: AFP / Denis Lovrovic Grabar-Kitarović, nationalis­tisch nicht nur im Fußballsta­dion.

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