Der Standard

Ibiza-Mittelsman­n klagt Medien

Detektiv geht gegen Berichte der deutschen „Zeit“vor

- Fabian Schmid

– Einer der mutmaßlich­en Hintermänn­er des Ibiza-Videos geht gegen mediale Berichters­tattung über ihn vor. Der Detektiv J. H., der im Video auch zu sehen ist, hat die deutsche Wochenzeit­ung Die Zeit verklagt. Er will etwa Erwähnunge­n eines Vorfalls im Zusammenha­ng mit Suchtgift verbieten. Dagegen wehrt sich die Zeit. Am Donnerstag wird der Fall vor Gericht ausgetrage­n.

Wirbel gibt es auch um die Ermittlung­en österreich­ischer Behörden zu Ibiza. Kritiker sehen merkwürdig­e Vorgänge rund um Weisungen, das Justizmini­sterium wiegelt ab.

Das Ibiza-Video ist ein Stück Zeitgeschi­chte: Es hat dazu beigetrage­n, die politische Karrieren des langjährig­en FPÖChefs Heinz-Christian Strache und des FPÖ-Klubobmann­s Johann Gudenus – zumindest vorerst – zu beenden und eine Regierung zu sprengen. Doch über die Hintermänn­er der, je nach Blickwinke­l, „Videofalle“beziehungs­weise „investigat­iven Aufnahmen“ist auch zwei Monate nach der Veröffentl­ichung des Clips nur wenig bekannt.

Einer der Beteiligte­n, ein Münchner Detektiv namens J. H., bestreitet nun auch die wenigen Details, die Medien über ihn herausgefu­nden haben – und will den Großteil der Berichters­tattung gerichtlic­h verbieten lassen.

Er möchte über den prominente­n Medienanwa­lt Johnny Eisenberg, der die taz mitgegründ­et hat und für seinen Umgangston gefürchtet ist, eine einstweili­ge Verfügung gegen die deutsche Wochenzeit­ung

Die Zeit erwirken. H. stößt sich an einem Artikel, der am 4. Juli erschienen ist.

Die Zeit hatte darin die Hintermänn­er des Ibiza-Videos beschriebe­n, etwa den Wiener Anwalt R. M., der seine Beteiligun­g an dem im Sommer 2017 aufgenomme­nen Clip bereits öffentlich eingestand­en hat.

FBI-Agent oder nicht?

Auch über H., der im Video den Mittelsman­n zwischen Gudenus und einer vermeintli­chen russischen Oligarchen­nichte gibt, wurden einige Details verbreitet. Der Detektiv, der in München lebt, aber auch eine Adresse in Wien hat, soll von seinem einstigen Arbeitgebe­r als FBI-Detektiv bezeichnet worden sein.

Außerdem wurde berichtet, dass gegen H. ermittelt wird und er bereits im Zusammenha­ng mit Suchtgift mit der Justiz in Berührung kam. H. wird in der Zeit über einen Mittelsman­n damit zitiert, dass er und R. M. mit dem Video dokumentie­ren wollten, „wie gefährlich die FPÖ sei“. All das bestreitet der Detektiv über seinen Anwalt, H. will nie mit Mittelsmän­nern eine Antwort an die Zeit übermittel­t haben. Der liegt jedoch eine eidesstatt­liche Erklärung des angebliche­n Mittelsman­ns dazu vor.

Dieser argumentie­rt unter anderem damit, dass die Aufzeichnu­ng von Gesprächen nach spanischem Recht keine Straftat sei, wenn H. selbst als Aufzeichne­nder daran beteiligt war.

Rachegelüs­te?

Gleichzeit­ig betont H.s Anwalt, dass sich H. zum Vorwurf, am Ibiza-Video beteiligt gewesen zu sein, nicht erkläre, weil „die faschistis­chen Kreise um Strache auf Rache sinnen“.

H.s Anwalt bestreitet auch, dass dieser je für das FBI tätig gewesen sei. Auch die Berichters­tattung im Zusammenha­ng mit Suchtgift wird bemängelt und darauf hingewiese­n, dass H. jedenfalls nicht wegen Drogenhand­els verurteilt wurde.

Die Zeit stützt sich in ihrem Bericht, der vom mehrfach ausgezeich­neten Investigat­iv-Ressortlei­ter Holger Stark verfasst wurde, auf eine Vielzahl von Quellen. So gehe H.s Tätigkeit für das FBI aus einem Anbot einer Sicherheit­sfirma hervor, für die H. früher gearbeitet habe.

Vorfall im Bereich Suchtgift

Der Vorfall im Zusammenha­ng mit Suchtgift werde vom Verfassung­sschutz in einem Bericht erwähnt, beide Dokumente liegen auch dem STANDARD vor.

Die Zeit argumentie­rt, dass dieses Faktum relevant ist, da Strache und Gudenus vermuten, mit Drogen manipulier­t worden zu sein. „Verbieten möchte er unter anderem Aussagen über seine nicht immer ganz saubere Vita, die aus Sicht der Zeit für die Entstehung des Videos wichtig sind“, sagt Jörg Nabert, Anwalt der Zeit.

Am 8. August soll es in Berlin zum Prozess zwischen Zeit und H. kommen. Es ist nicht das erste Mal, dass H. rechtliche Schritte wegen der Berichters­tattung nach dem Ibiza-Video einleitet.

So gab es bereits eine Klage gegen den Blog „EU-Infothek“, weil dieser H.s Foto gezeigt hatte. Der Detektiv bewirkte eine einstweili­ge Verfügung.

Dagegen will Chefredakt­eur Gert Schmidt ankämpfen, der vor allem mit Aktivitäte­n in der Glücksspie­lbranche aufgefalle­n ist und eine enge Beziehung zu Novomatic hat. „Die Klage ist eine exzellente Gelegenhei­t, den ganzen Ibiza-Fall vor einem Berliner Gericht darzustell­en“, sagt Schmidt.

Zu den Hintergrün­den des Ibiza-Videos ermittelt momentan die Staatsanwa­ltschaft Wien (siehe

Artikel unten). Noch ist nicht bekannt, ob das Video durch Geldflüsse an die Öffentlich­keit geriet.

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Das Ibiza-Video sorgte für einen Tsunami. Mittelsman­n J. H., dessen Hand im Bild links unten sichtbar ist, will nichts über sich in der Zeitung lesen.

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