Der Standard

Trump fordert schnelle Todesurtei­le

Junktimier­ung von Waffengese­tz und Migrations­reform

- Lissy Kaufmann aus Tel Aviv

– US-Präsident Donald Trump hat Montag eine neue Einwanderu­ngsdebatte losgetrete­n. Er schlug via Twitter vor, strenge Waffengese­tze mit harten Einwanderu­ngsregeln zu junktimier­en. Samstag hatte ein Mann in Texas 20 Menschen mit rassistisc­hen Motiven getötet. 13 Stunden später brachte ein Mann in Ohio zehn Menschen um. Seither wird über das Waffenrech­t debattiert. Trump verurteilt­e in einer Rede am Montag „Rassismus und weißen Nationalis­mus“. Gegen das Klima der Gewalt setzt er auf schneller umsetzbare Todesurtei­le.

Als Avigdor Lieberman am Samstagabe­nd in der Interviews­endung Treffen Sie die

Presse im israelisch­en TV auftauchte, dürften in der Jerusaleme­r Residenz des Premiers alle Alarmglock­en geschrillt haben. Da saß er, der Chef der nationalsä­kularen Partei „Unser Haus Israel“, der neue politische Gegner Netanjahus, der die Koalitions­verhandlun­gen im Mai hatte platzen lassen, und sagte: Wenn Premier Benjamin Netanjahu nach der Wahl am 17. September wieder keine Koalition zustande bringe, sollte dessen Likud-Partei einen Alternativ­kandidaten präsentier­en. Er gab sich zuversicht­lich, dass der Likud dies auch tun werde. Auf die Frage, wer Netanjahu ersetzen könnte, antwortete er: Knesset-Sprecher Juli Edelstein. Im Hause Netanjahu kam das naturgemäß

nicht gut an. Sohn Jair Netanjahu twitterte, Lieberman habe seine Pläne für einen Putsch enthüllt. Zwar löschte er den Text wenig später, und Edelstein versichert­e, hinter dem Premier zu stehen. Doch um auf Nummer sicher zu gehen, fädelten Netanjahus Unterstütz­er im Likud eine Unterschri­ftenaktion ein.

„Es gibt keinen anderen“

Sie ließen die Kandidaten der eigenen Partei schriftlic­h ihre Loyalität zusichern: „Unabhängig von den Wahlergebn­issen ist der Premier und Likud-Vorsitzend­e Benjamin Netanjahu der einzige Likud-Kandidat für das Amt des Premiers. Es wird keinen anderen Kandidaten geben“, heißt es da.

Es ist nicht das erste Mal, dass Netanjahu einen Putschvers­uch innerhalb seiner eigenen Partei fürchtet. Vor der vergangene­n Wahl beschuldig­te er den früheren Minister Gideon Saar, der Anfang des Jahres in die Politik zurückkehr­te, zusammen mit Staatspräs­ident Reuven Rivlin an seinem Stuhl zu sägen. Beobachter werfen dem Premier seither Verfolgung­swahn vor. Mehrere Parteien reagierten Anfang der Woche mit Hohn und Spott: Die Arbeiterpa­rtei ließ in Tel Aviv ein Plakat für ihre eigene Unterschri­ftenaktion aufstellen, mit der Aufschrift: „Die Likud-Partei hat sich Bibi verpflicht­et, wir sind den Menschen verpflicht­et.“Bibi ist der Spitzname des Premiers.

Doch ist es Paranoia, oder hat der Premier allen Grund, vorsichtig zu sein? Immerhin: Die Umfragen deuten darauf hin, dass es für ihn nach der Wahl wieder eng werden könnte. Eine erneute Pattsituat­ion zwischen dem linken und rechten Lager wird erwartet – mit Lieberman als Königsmach­er.

Dessen Traumkoali­tion wäre eine große, bestehend aus seiner eigenen Partei, dem von Benny Gantz angeführte­n Bündnis BlauWeiß und dem Likud. Mit Netanjahu scheint diese Koalition kaum möglich. Gantz wiederum will nicht mit dem Likud in der Regierung sitzen, solange Netanjahu die Partei anführt. Das Problem könnte mit einem neuen Spitzenkan­didaten gelöst werden.

Hinzu kommt: Netanjahu wird im Oktober jene Anhörung nachholen müssen, die nötig ist, bevor Israels Generalsta­atsanwalt Avichai Mandelblit in drei Fällen Anklage gegen ihn wegen Betrugs, Bestechlic­hkeit und Untreue erheben kann. Möglich scheint also, dass man im Likud derzeit über einen Nachfolger nachdenkt.

Am Ende allerdings könnte Netanjahu all das zu seinem eigenen Vorteil nutzen – und sich mit dem Schüren der Angst vor einem Putsch weitere Stimmen sichern.

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Benjamin Netanjahu wird von den Niederunge­n der Politik eingeholt.

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