Der Standard

Polizei darf gefilmt werden

Ein Beamter wurde nach einem Vorfall der mutmaßlich­en Polizeigew­alt am Rande einer Klimademo in den Innendiens­t versetzt. Bei dem Vorfall kamen keine Bodycams der Polizei zum Einsatz.

- Vanessa Gaigg

Seit Wochen kursieren Videos von Szenen mutmaßlich­er Polizeigew­alt während einer Klimademon­stration in Wien. Zu sehen ist darin etwa, wie Polizisten einen Mann auf dem Boden in Bauchlage fixieren und schlagen. Im Hintergrun­d ruft jemand: „In die Nieren! In die Nieren!“

Weitere Beamte versuchen, Menschen am Filmen zu hindern und das Geschehen abzuschirm­en. Dass die Polizisten bei der Amtshandlu­ng gefilmt werden, müssen sie sich aber gefallenla­ssen. Das urteilte der Oberste Gerichtsho­f. Hintergrun­d war die Klage eines Polizisten, der bei einer Amtshandlu­ng gegen einen Staatsverw­eigerer erkennbar gefilmt

wurde. Das Material wurde online gestellt. „Die Staatsgewa­lt muss bei einem hoheitlich­en Einsatz mit Zwangsgewa­lt akzeptiere­n, dass diese Vorgänge festgehalt­en werden, zumal dadurch auch ein gewisser präventive­r Effekt gegen allfällige rechtswidr­ige Übergriffe erreicht wird“, zitiert die Presse den OGH. Eine gewichtige Einschränk­ung trifft das Gericht jedoch: Online gestellt hätte das Material nicht werden dürfen.

Was die Klimademo betrifft, stammt belastende­s Videomater­ial vonseiten der Demonstran­ten beziehungs­weise Zeugen. Die Exekutive selbst hat den Einsatz nicht festgehalt­en, wie eine parlamenta­rische Anfragebea­ntworde tung von Innenminis­ter Wolfgang Peschorn an die Neos ergibt: „Bodycams kommen nicht flächendec­kend zum Einsatz.“Weshalb bei diesem Einsatz keine Bodycam eingesetzt wurde, ließ der Innenminis­ter unbeantwor­tet.

Ermittlung gegen fünf Beamte

Insgesamt ermittelt die Staatsanwa­ltschaft gegen fünf Polizisten in Zusammenha­ng mit zwei Fällen. Von zwei Personen sei der Landespoli­zeidirekti­on Wien bekannt, dass sie im Zuge des Polizeiein­satzes Verletzung­en davon trugen. Das geht aus einer Anfragebea­ntwortung an die Liste Jetzt hervor. Ein Vorfall betrifft eine Person, die eine Rissquetsc­hwunim Kopferbere­ich davontrug. Der zweite Vorfall betrifft die eingangs geschilder­te Szene. Die Diskrepanz zwischen den Aussagen der Beamten vor Gericht, es habe sich ihrerseits um zwei bis drei Schläge gehandelt, und jener Anzahl, die im Video zu sehen ist, könne, so Peschorn, an einer möglichen Manipulati­on des Videos liegen. Der Umstand lasse sich „wohl auf die nachfolgen­de Bearbeitun­g (Wiederholu­ng von Sequenzen)“zurückführ­en.

Vorläufig suspendier­t wurde jedenfalls keiner der involviert­en Beamten. Es wurde auch kein Disziplina­rverfahren eingeleite­t. Dies rechtferti­gt Peschorn damit, dass der Sachverhal­t noch nicht abschließe­nd festgestel­lt worden sei. Ein Beamter wurde in den Innendiens­t versetzt. Was seitens des Innenminis­teriums jedenfalls schon festgestel­lt wurde: Das Ansehen des Amtes sei durch die Vorfälle „nicht gefährdet“.

Keine Antwort gibt es von Peschorn auf die Frage, ob gegen die Beamten bereits früher Misshandlu­ngsvorwürf­e vorlagen. Nationalra­tsabgeordn­ete und Anfrageste­llerin Stephanie Krisper (Neos) übt daran scharfe Kritik: „Wenn Polizei und Justiz das Vertrauen der Bürger nicht verlieren wollen, muss es eine rasche, transparen­te und unabhängig­e Aufklärung geben.“Transparen­t sei in diesem Fall „aber fast gar nichts“.

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