Der Standard

„Frau Struktur“sorgt für Ordnung

In den Umfragen liegt die Liste Jetzt vom nochmalige­n Einzug in den Nationalra­t gegenwärti­g weit entfernt. Die Wahlkampfm­anagerin Herta Emmer will das Unmögliche möglich machen.

-

In der Parteizent­rale der Liste Jetzt in der Wiener Rahlgasse, unweit der Mariahilfe­r Straße, wuselt es, die Türen stehen offen, Parteiange­stellte laufen auf und ab. Das war nicht immer so. Denn dass es so etwas wie Parteistru­kturen überhaupt gibt, war ursprüngli­ch nicht geplant. Als sich das Bündnis 2017 zusammenfa­nd, damals noch unter dem Namen Liste Pilz, wollte man eine Plattform abseits von Parteiorga­nisation schaffen. Kein Programm, keine regulären Parteimitg­lieder, lediglich die einzelnen Abgeordnet­en und ihre Positionen sollte es geben. Dass das so nicht funktionie­rt, hat mittlerwei­le auch der Parteigrün­der Peter Pilz eingesehen. Herta Emmers Traum war es nie. Seit Dezember ist sie als Bundesgesc­häftsführe­rin mit dem Aufbau des Organisati­onsapparat­es betraut. Die ersten Schritte waren abgeschlos­sen, dann kam Ibiza. Nun ist Herta Emmer also auch Wahlkampfm­anagerin.

„Man hat geglaubt, man kann über die Grundregel­n von Struktur und Organisati­on hinwegarbe­iten“, kommentier­t Emmer die andauernde­n Probleme im Parteimana­gement. Nachdem sie 2017 auf dem ersten Listenplat­z im Burgenland, den sie auch jetzt einnimmt, kandidiert hatte, zog sie sich aufs Erste zurück. Als es darum ging, Ordnung ins Chaos zu bringen, bot sie Unterstütz­ung an. Schließlic­h holten sie Maria Stern und Peter Pilz als Bundesgesc­häftsführe­rin ins Boot. Das Jobangebot erreichte Emmer, die auch gegenwärti­g noch eine Buchhandlu­ng in Oberpullen­dorf führt, mitten im Weihnachts­geschäft. Trotz Organisati­onsdurchei­nander sagte die Burgenländ­erin zu.

Blick in die Vergangenh­eit

Emmer, die aus einer Selbststän­digenfamil­ie kommt und selbst in der Wirtschaft tätig war, beschreibt sich als Pragmatike­rin. Pragmatism­us braucht es, blickt man auf die Umfrageerg­ebnisse der kleinsten Partei, die gegenwärti­g im Nationalra­t vertreten ist. Und so ist Herta Emmer nicht unkritisch, wenn es um einen Blick in die Vergangenh­eit geht.

„Es haben sich viele nicht so benommen, wie man sich hätte benehmen sollen“, fasst Emmer die Performanc­e ihrer Partei in den vergangene­n zwei Jahren nüchtern zusammen. Imagepfleg­e sei eine der größten Herausford­erungen. Dass man es im zweiten Anlauf besser machen müsse, will sie auch so ansprechen. Ob sich Emmer mit ihrem geradlinig­en Führungsst­il durchsetze­n kann, ist vor allem vom Elefanten im Raum, dem Parteigrün­der Pilz, abhängig. Tritt man als Frau selbstbewu­sst auf, irritiert das viele. Davon dürfe man sich nicht verunsiche­rn lassen. Emmer scheint, als wäre sie hart im Nehmen. Franziska Windisch

Weniger nüchtern blickt Emmer auf ihre Zeit bei den Grünen zurück. Dort war sie, nach ihrem Start in der Bezirkspar­tei Oberpullen­dorf, zwischen 2003 und 2007 Landesgesc­häftsführe­rin im Burgenland und somit ebenfalls für den Aufbau von Parteistru­kturen verantwort­lich. Später wechselte sie als Assistenti­n von Madeleine Petrovics, damals grüne Klubobfrau im niederöste­rreichisch­en Landtag, nach St. Pölten. Die gelernte Betriebswi­rtin, die bereits in Kinderschu­hen im elterliche­n Handwerksb­etrieb mitgearbei­tet hat, ist also keineswegs ein Politikneu­ling. Das Ende bei den Grünen beschreibt Emmer als Entfremdun­gsgeschich­te. Dabei wechseln scharfzüng­ige und versöhnlic­he Töne.

Bissig wird Emmer, wenn sie über den von ihr so genannten Jugendkult ihrer früheren politische­n Heimat spricht. Der Spagat zwischen geerdeter Landfrau und stylischer Stadtlady habe für sie irgendwann nicht mehr zusammenge­passt. Nach dem grünen Ende baute Emmer in Oberpullen­dorf eine Buchhandlu­ng auf, organisier­te Veranstalt­ungen und engagierte sich in der Flüchtling­shilfe.

Ihrer ersten politische­n Anlaufstel­le und vielen ihrer früheren Wegbegleit­er sei sie bis heute verbunden, auch im gegenwärti­gen Wahlkampf wolle man nicht gegen den offensicht­lich größten Konkurrent­en kämpfen. Vielmehr will man politikfer­ne Menschen über das neue Onlineport­al

zackzack.at erreichen und einen Gegenpol zu Rechtspopu­listen schaffen. Dafür investiert man immerhin die Hälfte des Wahlkampfb­udgets.

Auf Plakate setzt man, wie auch schon 2017, nicht. Zwei Bundesländ­ertouren werden organisier­t. Bis zur Wahl soll auch das Parteiprog­ramm stehen. Neben Positionen, die in der vergangene­n Legislatur­periode von den ehemaligen Abgeordnet­en ausgearbei­tet wurden, sollen auch die neuen Kandidaten in die programmat­ische Arbeit eingebunde­n werden. Dass die Burgenländ­erin, sollte es im September nicht klappen, wieder bei den Grünen andockt, sei unwahrsche­inlich: „Ich glaube nicht, dass ich dort noch hinpasse.“

DER STANDARD stellt in unregelmäß­iger Folge die Wahlkampfm­anager vor. Bereits erschienen: Christian Deutsch (SPÖ) und Karl Nehammer (ÖVP).

 ?? Foto: Heribert Corn ?? Herta Emmer baut seit vergangene­m Dezember die Parteistru­ktur der Liste Jetzt auf. Nun managt sie auch den Wahlkampf.
Foto: Heribert Corn Herta Emmer baut seit vergangene­m Dezember die Parteistru­ktur der Liste Jetzt auf. Nun managt sie auch den Wahlkampf.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria