Proteste in Hongkong
Neue Protestformen weiten sich in der Sonderverwaltungszone aus – Polizei setzt weiter auf Härte
Immer mehr Menschen gehen in Hongkong für mehr Demokratie auf die Straße. Die Polizei setzt weiterhin auf Härte.
Es ist ein Jubiläum für die Demonstranten in Hongkong: Bereits zum zehnten Mal in Folge gingen abertausende Menschen am Sonntag in der Sonderverwaltungszone auf die Straßen. Sie fordern das Ende von Polizeigewalt bei den Demos, ein klares Bekenntnis zu demokratischen Werten und eine Distanzierung von autoritären Strukturen auf dem Festland. Das „Festland“, das ist die Volksrepublik China, an die Hongkong 1998 von Großbritannien zurückgegeben wurde. Damals wurden der Wirtschaftsmetropole am Südchinesischen Meer weitgehende Autonomierechte zugesprochen. Diese sehen die Aktivisten und Aktivistinnen über die Jahre aber am Erodieren. Auslöser für die
seit 1998 größte Protestwelle war ein geplantes Gesetz der Hongkonger Regierung, wonach es leichter möglich gewesen wäre, Menschen nach China auszuliefern. Während die pekingtreue Regierungschefin Carrie Lam das Gesetz bereits vor einigen Wochen unter dem Druck der Demonstranten für „tot“erklärt hatte, hält sie aber weiter an ihrem politischen Kurs fertig. Auch Peking hat die Schrauben fester gedreht: Ein Eingreifen der Volksbefreiungsarmee PLA wurde zuletzt nicht mehr ausgeschlossen.
Dass die Demonstranten nicht so schnell aufgeben werden, zeigte sich aber abermals am Sonntag auf den Straßen. Vor allem im Viertel Sham Shui Po schlugen die erst friedlichen Kundgebungen in teils gewaltsame Proteste um. Als sich mehrheitlich junge Leute dort bei einer Polizeiwache versammelt hatten, setzten die Polizisten Tränengas gegen die Demonstranten ein – wie auch schon bei den Protesten in den vergangenen Wochen. In einem anderen Stadtteil bewarfen Aktivisten Polizisten, die dann ebenfalls mit Tränengas reagierten. Auch der Flughafen war drei Tage in Folge besetzt.
„Hit and Run“als Protestform
Neu war die sogenannte „Hit and Run“Strategie einiger Demonstranten. Dabei lösten sich die Massen plötzlich in kleine Gruppen auf, wenn die Polizei ihnen entgegentrat – um sich dann an einem anderen Ort wieder zusammenzurotten. Am Wochenende sollen 16 Demonstranten festgenommen worden sein, insgesamt liegt die Zahl der Festnahmen damit bei über 600.