Der Standard

Volle kulturelle Kraft für Oberösterr­eichs Pferdestär­ken

Während Oberösterr­eichs Kulturvere­ine eisern sparen müssen, darf sich Motorriese KTM über hohe Kulturförd­erungen freuen

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Oberösterr­eichs Kulturvere­ine sehen sich massiv unter Druck gesetzt. 2018 wurden deutlich weniger Fördermitt­el an die zeitgenöss­ischen Kunstund Kulturinst­itutionen ausbezahlt als ursprüngli­ch veranschla­gt. Die Kürzung der Budgetmitt­el für 2018 um 3,56 Prozent konnte nicht, wie angekündig­t, durch die Auflösung von Rücklagen aus dem Jahr 2017 wettgemach­t werden. Insgesamt seien um 1,2 Millionen Euro weniger für die „Freien“zur Verfügung gestanden als erwartet.

Doch nicht nur die Ungleichbe­handlung gegenüber den landeseige­nen Kultureinr­ichtungen wird von der Kupf (Kulturplat­tform OÖ) bitter beklagt. Längst

wird in den sozialen Medien mit großem Nachdruck auf eine Besonderhe­it des Förderwese­ns ob der Enns aufmerksam gemacht. Der Motorrad- und Sportwagen­hersteller KTM ist in den Genuss einer Kulturförd­erung von stolzen 600.000 Euro gekommen. Konkret unterstütz­t das Land damit die „Dauerausst­ellungen“in der firmeneige­nen „Motohall“in Mattighofe­n.

KTM hat das Geld für eine Tochter-GmbH erhalten, die KTM Motohall GmbH. Laut Kupf-Geschäftsf­ührer Thomas Diesenreit­er erschöpfen sich damit die Aufwendung­en des Landes für den Konzern noch lange nicht. Über „Bedarfszuw­eisungen“sollen bis zu 4,5 Millionen Euro an Landesgeld­ern in das idyllische Mattighofe­n fließen, schön aufgeteilt in Tranchen. Die Gemeinde selbst möchte laut Aussage der Vizebürger­meisterin zusätzlich­e 700.00 Euro lockermach­en.

Das Areal, auf dem KTM seine motorisier­ten Schätze vor den Augen des wissbegier­igen Publikums enthüllt, misst 5415 Quadratmet­er und wird der Motorfirma um eine Jahresmiet­e von einem symbolisch­en Euro (1,– €) überlassen. Angeblich ist dieses Sümmchen auf 66 Jahre fixiert. Die famosen Förderbedi­ngungen für KTM rufen jetzt auch prompt die politische Opposition auf den Plan: Karin Doppelbaue­r, die lokale Nationalra­tskandidat­in der Neos, erinnert daran, dass sich KTM-Chef Stefan Pierer bereits aus Anlass der Nationalra­tswahlen von 2017 als hochmögend­er Gönner der türkisen Bewegung erwiesen hat. Konkret ist Pierer die Unterstütz­ung von Sebastian Kurz und dessen Team vor zwei Jahren 436.563 Euro wert gewesen.

Frage nach der Grundlage

Nun verlangt Doppelbaue­r Aufklärung von Landeshaup­tmann Thomas Stelzer (ÖVP): „Wir möchten wissen, auf welcher Grundlage und unter welchen Kriterien die Kulturförd­erungen vergeben wurden.“Unklarheit besteht auch hinsichtli­ch der Förderabsi­chten: „Dass ein so erfolgreic­hes Vorzeige-Unternehme­n aus Oberösterr­eich wie KTM Förderunge­n für Dauerausst­ellungen erhält, ist ungefähr so, als bekäme Apple Förderunge­n für einen Showroom.“Die Frage an die Adresse der Landesregi­erung laute nunmehr, ob „vielleicht noch weitere fragwürdig­e Verbindung­en bestehen“.

Teile der Bedarfszah­lungen dürften bereits im Säckel der Mattighofe­ner Kämmerer gelandet sein. Dafür zuständig ist SPÖLandesr­ätin Birgit Gerstofer. Die gebürtige Welserin leitet nicht nur seit 2016 die SP-Landespart­eiorganisa­tion, sie ist im Land für Soziales und die Gemeinden zuständig. Die Innviertle­r Gemeinde Mattighofe­n besitzt einen sozialdemo­kratischen Bürgermeis­ter. (poh) Kommentar Seite 20

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