Abgasaffäre: Stille Rückrufe
Bei SUVs und Limousinen wurde nicht weniger getrickst, aber mehr geschwiegen. Audi, Porsche und VW entfernten die Schummelsoftware lediglich diskreter aus der Motorsteuerung.
Bei den betroffenen großvolumigen Premiumwagen wurden heimlich auch in Österreich tausende Rückrufe angeordnet.
Die zweite Welle der Dieselabgasmanipulationen wurde bei Volkswagen deutlich diskreter bereinigt als der 2015 durch die US-Behörden aufgedeckte Skandal, bei dem weltweit elf Millionen vermeintliche „clean Diesel“der Abgasnorm Euro-5 betroffen waren. Die in der Folge vom deutschen KraftfahrtBundesamt (KBA) bei großvolumigen Premiummodellen der Marken Audi, Porsche und VW aufgespürten und als unzulässig eingestuften Abschalteinrichtungen in der Abgasreinigung wurden und werden still und leise entfernt, die Öffentlichkeit erfährt darüber kaum etwas.
Weltweit dürften an die 220.000 Audi A6, A7, A8, Q5, SQ5, Q7, Porsche Macan und Cayenne sowie VW Touareg betroffen sein, davon geschätzt 120.000 in Deutschland. In ihnen sind durch die Bank von Audi entwickelte 3.0- und 4.2-Liter-Motoren verbaut, alle mit unzulässigen Abschalteinrichtungen. Das lässt sich aus den Listen auf der KBAWebsite errechnen.
Auf mehrmalige Nachfrage des STANDARD rückte nun das Verkehrsministerium
PS-starke Fahrzeuge
in Wien doch eine Liste zum Status der Euro-6Rückrufaktionen in Österreich heraus. Und siehe da: Auf Anordnung der deutschen Zulassungsbehörde müssen in Österreich 3987 Audi der Modellreihen A4 bis A8 über Q5 und Q7 in die Werkstätten gerufen werden. Weiters betroffen sind 1921 Porsche Macan und Porsche Cayenne sowie 1157 Stück des VolkswagenSUVs Touareg.
Insgesamt sind es 7065 PS-starke Großraumfahrzeuge, aus denen Abschalteinrichtungen zu entfernen sind, weil sie die Abgasreinigung im realen Straßenbetrieb deutlich herunterfahren und/oder die dafür notwendige Einspritzung der Harnstofflösung („Adblue“) künstlich reduzieren, was wiederum die freigesetzten Stickoxidwerte über den erlaubten Grenzwert von 80 Milligramm pro Kilometer hochtreibt.
Die zwischen Ende 2017 und Anfang 2019 amtswegig verordneten Rückrufe sind bereits weit fortgeschritten, 5259 SUVs wurden schon umgerüstet, das sind je nach Modell zwischen 70 und 90 Prozent. Bei 2998 Audi-Limos steht die Nachrüstung laut Ministerium noch aus. Davon bekamen 1754 Audi am Montag seitens des KBA grünes Licht für die Umrüstung, teilte Generalimporteur Porsche Austria am Dienstag mit. Damit seien es noch 1244 Fahrzeuge, für die eine amtlich genehmigte Softwarelösung noch aussteht. Den Vorwurf, die Öffentlichkeit werde nicht oder nur unzureichend informiert, lässt man bei Porsche Austria nicht gelten. Die Fahrzeughalter würden direkt informiert, und zwar über den Versicherungsverband. Einzig Porsche-Kunden werden weiterhin eigenhändig angeschrieben.
Allerdings ist Volkswagen bei weitem nicht der einzige Autobauer, der auch Jahre nach Auffliegen des Dieselskandals im September 2015 mit geschönten Abgaswerten durch die Gegend kurvt. Das geht aus beim KBA abrufbaren Listen hervor. Bei Daimler wurden zwischen Mai 2018 und Juni 2019 von Mercedes bis zum Kleintransporter Vito mehr als 20 Rückrufe angeordnet, betroffen sind mehr als 40 Modellversionen mit dem charakteristischen Stern.
Der große Unterschied zu Audi, Porsche und VW: Der Stuttgarter Daimler-Konzern ruft zwar laufend Mercedes in seine Werkstätten, bekämpft die KBA-Atteste, wonach die Abschalteinrichtungen unzulässig sind, allerdings vor Gericht. So macht es auch Opel. Der inzwischen unter Peugeot-Flagge fahrende Autobauer in Rüsselsheim bestreitet, bei der Abgasreinigung seiner Euro-6Flotte getrickst zu haben, und geht ebenfalls vor Gericht gegen amtswegige Rückrufe für Zafira, Cascada und Insignia vor.
Rote Listen
Premiumkonkurrent BMW landete im März 2018 mit seinen von 2012 bis 2017 produzierten Euro6-drei-Liter-Modellen M550d xDrive, 750d xDrive und Ld xDrive 750 auf der roten KBA-Liste. Eine „Reduzierung der Wirksamkeit des Systems zur Abgasrückführung“attestierte das KBA übrigens bereits 2016 den Modellen Fiat Ducato, Fiat 500x, Ford C-Max, Hyundai ix35, Mazda 6, Nissan Navara, Renault Kadjar und Espace.