Der Standard

Straches Gegenangri­ff: „Razzien sind reine Willkür“

Justiz wehrt sich gegen Wahlkampfv­orwürfe der ÖVP

- BERICHT: Renate Graber, Andreas Schnauder

– Ex-Vizekanzle­r HeinzChris­tian Strache hat sich am Freitag den Medien gestellt. Er verurteilt die Razzien der Justiz bei ihm und Parteikoll­egen als „Farce“und „reine Willkür“. Die Vorwürfe gegen ihn basierten lediglich auf einer anonymen Anzeige. Wenn man die Informatio­nen daraus ernst nehme, müsse man auch gegen ÖVP-Chef Sebastian Kurz ermitteln, sagt Strache. Denn mit diesem habe sich er, Strache, als damaliger FPÖ-Obmann bei der Bestellung des Casinos-Austria-Vorstands laut Anzeige abgestimmt.

Nun will Strache Beschwerde gegen die Hausdurchs­uchung einlegen. Er ist überzeugt, dass die Razzia bei ihm nicht zulässig gewesen sei.

Die Justiz wiederum wehrt sich gegen Angriffe seitens der ÖVP. Man prüfe jede Anzeige unabhängig davon, wer davon betroffen sei, betonen die Staatsanwä­lte. Zuvor hatte die ÖVP von einem „Schmutzküb­elwahlkamp­f“gesprochen, weil Justizmini­ster Clemens Jabloner erklärt hatte, dass die Justiz einen Konnex zwischen den Ibiza-Videos und der ÖVPSchredd­er-Affäre prüfe. Jabloner selbst will sich zu der Angelegenh­eit nicht äußern, lässt über eine Sprecherin aber festhalten, dass der Minister lediglich eine parlamenta­rische Anfrage ordnungsge­mäß beantworte­t habe. Aus den anderen Parteien hagelte es heftige Kritik wegen der türkisen Attacken. Die FPÖ bekräftigt­e ihre Vermutung, dass die ÖVP schon früher vom Ibiza-Video wusste. (red)

Erst Ibiza, dann die Casinos Austria AG: Heinz-Christian Strache muss sich inzwischen in gleich zwei höchst brisanten Causen schwerwieg­ende Vorwürfe anhören. Doch er wäre nicht Strache, der ehemalige Vizekanzle­r und FPÖ-Chef, wenn er nicht alsbald in die Gegenoffen­sive ginge. So geschehen am Freitag, als er die österreich­ische Medienland­schaft im Halbstunde­ntakt zu Interviews im Büro seines Anwalts lud.

Mit einer Dosis Red Bull gestärkt, wiederholt­e er seine Anschuldig­ungen, wonach die Razzia am Montag politisch motiviert gewesen sei und mit den Nationalra­tswahlen in Verbindung stehe. Denn: Die anonyme Anzeige, auf die sich die Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft rund um die Bestellung von Peter Sidlo zum Casinos-Finanzchef stützt, stamme vom 21. Mai dieses Jahres. Erste Ermittlung­shandlunge­n seien aber erst am 1. Juli gesetzt worden, wie er dem Akt entnommen habe. „Man hat das nicht ernst genommen“, lautet Straches Schlussfol­gerung. Mit Heranrücke­n des Wahltags sei die Sache dann natürlich interessan­t geworden.

„Fassungslo­s“

Die Razzien hält Strache für einen „Akt der Willkür und des Unrechts, der fassungslo­s und entsetzt macht“. Wenn man sich schon auf die Anzeige stützen wolle, müsste auch gegen SPÖ und ÖVP ermittelt werden. Denn, so Straches These: Auch Rot und Türkis würden in dem Dokument angeprange­rt. Tatsächlic­h findet sich in diesem die Ex-FPÖ-Klubchef Johann Gudenus zugeschrie­bene Passage, man könne mit „schwarzer schwesterl­icher Hilfe die bisherigen roten Zuwendunge­n gut umleiten“.

Gemeint ist das Ausscheide­n des früheren SPÖ-Manns im Casinos-Vorstand, Dietmar Hoscher, und die Bestellung von Bettina Glatz-Kremsner von der ÖVP zur neuen Chefin des teilstaatl­ichen Glücksspie­lkonzerns. Wenn hier in alle Richtungen gleicherma­ßen ermittelt werden würde, dann fände er das auch korrekt, erklärt der einstige Obmann der Freiheitli­chen. So aber werde deutlich, dass es sich um ein „Politikum“handle. Ein weiterer Hintergrun­d der Hausdurchs­uchung in Straches Augen: Nach der Beschlagna­hme seines Handys würden nun zahlreiche Informatio­nen über ihn und seine Kontaktleu­te ausgewerte­t. Strache rechnet damit, dass viele vertraulic­he Nachrichte­n früher oder später in der Öffentlich­keit landen werden.

Vorwürfe unklar

Strache vermisst weiters konkrete Vorwürfe gegen sich, in der Anzeige sei lediglich von einer Abstimmung bei der Besetzung der Casinos Austria (Casag) die Rede. Er hält es für völlig normal, dass man sich bei wichtigen Posten mit dem Koalitions­partner koordinier­e. Allerdings ist in der Anzeige auch davon die Rede, dass sich Gudenus mit Strache abgestimmt habe, der Novomatic eben im Gegenzug zur Sidlo-Bestellung „wohlwollen­de Unterstütz­ung“in Glücksspie­lbelangen zu gewähren. Für Strache ist das Unfug,

Novomatic kenne er zwar von Firmenbesu­chen, Anliegen seien aber nie an ihn herangetra­gen worden. Der Kurzzeit-Vizekanzle­r erinnert in diesem Zusammenha­ng daran, dass die FPÖ zudem stets das Verbot des kleinen Glücksspie­ls in Wien gefordert habe, was den Interessen des niederöste­rreichisch­en Automatenh­erstellers zuwidergel­aufen sei.

„Prahlerei“

Aber passen die Anschuldig­ungen nicht gut zum Ibiza-Video, in dem er über das Aufbrechen des Casinos-Monopols plaudert und den legendären Satz „Novomatic zahlt alle“tätigt? Nein, sagt Strache. Das sei einerseits Prahlerei in einem privaten Gespräch, noch dazu unter Alkoholein­fluss, gewesen. Anderersei­ts habe sich die FPÖ von jeher für Wettbewerb und gegen Monopole ausgesproc­hen.

Während Strache zur den IbizaErmit­tlungen nichts sagen will – zuletzt wurden ja Erpressung­sversuche bekannt –, ist die weitere Vorgangswe­ise in der Affäre Novomatic aus seiner Sicht klar. Man werde Einspruch und Beschwerde gegen die Hausdurchs­uchung einlegen, erklärt sein Anwalt Johann Pauer. Eine Razzia gegen einen Politiker auf Basis einer anonymen Anzeige sei nur zulässig, wenn diese sehr plausibel sei. Diese Voraussetz­ung sei im gegenständ­lichen Fall nicht gegeben. Der Vorwurf gegen ihn, Strache, sei so allgemein, da müsste man auch gegen ÖVP-Chef Sebastian Kurz ermitteln.

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Foto: Christian Fischer Heinz-Christian Strache will Beschwerde gegen die Razzia einlegen.
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Strache betont seine Unschuld.

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