Straches Gegenangriff: „Razzien sind reine Willkür“
Justiz wehrt sich gegen Wahlkampfvorwürfe der ÖVP
– Ex-Vizekanzler HeinzChristian Strache hat sich am Freitag den Medien gestellt. Er verurteilt die Razzien der Justiz bei ihm und Parteikollegen als „Farce“und „reine Willkür“. Die Vorwürfe gegen ihn basierten lediglich auf einer anonymen Anzeige. Wenn man die Informationen daraus ernst nehme, müsse man auch gegen ÖVP-Chef Sebastian Kurz ermitteln, sagt Strache. Denn mit diesem habe sich er, Strache, als damaliger FPÖ-Obmann bei der Bestellung des Casinos-Austria-Vorstands laut Anzeige abgestimmt.
Nun will Strache Beschwerde gegen die Hausdurchsuchung einlegen. Er ist überzeugt, dass die Razzia bei ihm nicht zulässig gewesen sei.
Die Justiz wiederum wehrt sich gegen Angriffe seitens der ÖVP. Man prüfe jede Anzeige unabhängig davon, wer davon betroffen sei, betonen die Staatsanwälte. Zuvor hatte die ÖVP von einem „Schmutzkübelwahlkampf“gesprochen, weil Justizminister Clemens Jabloner erklärt hatte, dass die Justiz einen Konnex zwischen den Ibiza-Videos und der ÖVPSchredder-Affäre prüfe. Jabloner selbst will sich zu der Angelegenheit nicht äußern, lässt über eine Sprecherin aber festhalten, dass der Minister lediglich eine parlamentarische Anfrage ordnungsgemäß beantwortet habe. Aus den anderen Parteien hagelte es heftige Kritik wegen der türkisen Attacken. Die FPÖ bekräftigte ihre Vermutung, dass die ÖVP schon früher vom Ibiza-Video wusste. (red)
Erst Ibiza, dann die Casinos Austria AG: Heinz-Christian Strache muss sich inzwischen in gleich zwei höchst brisanten Causen schwerwiegende Vorwürfe anhören. Doch er wäre nicht Strache, der ehemalige Vizekanzler und FPÖ-Chef, wenn er nicht alsbald in die Gegenoffensive ginge. So geschehen am Freitag, als er die österreichische Medienlandschaft im Halbstundentakt zu Interviews im Büro seines Anwalts lud.
Mit einer Dosis Red Bull gestärkt, wiederholte er seine Anschuldigungen, wonach die Razzia am Montag politisch motiviert gewesen sei und mit den Nationalratswahlen in Verbindung stehe. Denn: Die anonyme Anzeige, auf die sich die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft rund um die Bestellung von Peter Sidlo zum Casinos-Finanzchef stützt, stamme vom 21. Mai dieses Jahres. Erste Ermittlungshandlungen seien aber erst am 1. Juli gesetzt worden, wie er dem Akt entnommen habe. „Man hat das nicht ernst genommen“, lautet Straches Schlussfolgerung. Mit Heranrücken des Wahltags sei die Sache dann natürlich interessant geworden.
„Fassungslos“
Die Razzien hält Strache für einen „Akt der Willkür und des Unrechts, der fassungslos und entsetzt macht“. Wenn man sich schon auf die Anzeige stützen wolle, müsste auch gegen SPÖ und ÖVP ermittelt werden. Denn, so Straches These: Auch Rot und Türkis würden in dem Dokument angeprangert. Tatsächlich findet sich in diesem die Ex-FPÖ-Klubchef Johann Gudenus zugeschriebene Passage, man könne mit „schwarzer schwesterlicher Hilfe die bisherigen roten Zuwendungen gut umleiten“.
Gemeint ist das Ausscheiden des früheren SPÖ-Manns im Casinos-Vorstand, Dietmar Hoscher, und die Bestellung von Bettina Glatz-Kremsner von der ÖVP zur neuen Chefin des teilstaatlichen Glücksspielkonzerns. Wenn hier in alle Richtungen gleichermaßen ermittelt werden würde, dann fände er das auch korrekt, erklärt der einstige Obmann der Freiheitlichen. So aber werde deutlich, dass es sich um ein „Politikum“handle. Ein weiterer Hintergrund der Hausdurchsuchung in Straches Augen: Nach der Beschlagnahme seines Handys würden nun zahlreiche Informationen über ihn und seine Kontaktleute ausgewertet. Strache rechnet damit, dass viele vertrauliche Nachrichten früher oder später in der Öffentlichkeit landen werden.
Vorwürfe unklar
Strache vermisst weiters konkrete Vorwürfe gegen sich, in der Anzeige sei lediglich von einer Abstimmung bei der Besetzung der Casinos Austria (Casag) die Rede. Er hält es für völlig normal, dass man sich bei wichtigen Posten mit dem Koalitionspartner koordiniere. Allerdings ist in der Anzeige auch davon die Rede, dass sich Gudenus mit Strache abgestimmt habe, der Novomatic eben im Gegenzug zur Sidlo-Bestellung „wohlwollende Unterstützung“in Glücksspielbelangen zu gewähren. Für Strache ist das Unfug,
Novomatic kenne er zwar von Firmenbesuchen, Anliegen seien aber nie an ihn herangetragen worden. Der Kurzzeit-Vizekanzler erinnert in diesem Zusammenhang daran, dass die FPÖ zudem stets das Verbot des kleinen Glücksspiels in Wien gefordert habe, was den Interessen des niederösterreichischen Automatenherstellers zuwidergelaufen sei.
„Prahlerei“
Aber passen die Anschuldigungen nicht gut zum Ibiza-Video, in dem er über das Aufbrechen des Casinos-Monopols plaudert und den legendären Satz „Novomatic zahlt alle“tätigt? Nein, sagt Strache. Das sei einerseits Prahlerei in einem privaten Gespräch, noch dazu unter Alkoholeinfluss, gewesen. Andererseits habe sich die FPÖ von jeher für Wettbewerb und gegen Monopole ausgesprochen.
Während Strache zur den IbizaErmittlungen nichts sagen will – zuletzt wurden ja Erpressungsversuche bekannt –, ist die weitere Vorgangsweise in der Affäre Novomatic aus seiner Sicht klar. Man werde Einspruch und Beschwerde gegen die Hausdurchsuchung einlegen, erklärt sein Anwalt Johann Pauer. Eine Razzia gegen einen Politiker auf Basis einer anonymen Anzeige sei nur zulässig, wenn diese sehr plausibel sei. Diese Voraussetzung sei im gegenständlichen Fall nicht gegeben. Der Vorwurf gegen ihn, Strache, sei so allgemein, da müsste man auch gegen ÖVP-Chef Sebastian Kurz ermitteln.