Der Standard

Huawei in Afrika unter Spionageve­rdacht

Der chinesisch­e Technologi­ekonzern Huawei soll die zunehmend autoritär agierenden Regierunge­n in Uganda und Sambia dabei unterstütz­t haben, Opposition­elle auszuspion­ieren.

- Johannes Dieterich aus Johannesbu­rg

Peinliche Panne für den chinesisch­en Huawei-Konzern. Nach Recherchen des New Yorker Wall Street Journal (WSJ) haben Techniker des größten Technologi­eunternehm­ens der Welt mindestens zwei autoritäre­n Regierunge­n in Afrika dabei geholfen, Opposition­elle zu bespitzeln und deren Social-Media-Verbindung­en zu knacken. In beiden Fällen kam es anschließe­nd zu Verhaftung­en. Die Vorfälle bestätigen den Verdacht der US-Regierung, wonach die Standards des chinesisch­en Unternehme­ns in Sachen Datensiche­rheit nicht den westlichen Maßstäben entspreche­n. Washington belegte Huawei deshalb mit Sanktionen.

Huawei bestreitet, der Regierung in Peking jemals Daten ausländisc­her Kunden weitergege­ben zu haben. Auch die WSJ-Enthüllung­en wies der Konzern als „unbegründe­t und nicht akkurat“zurück. Huawei habe „weder die vertraglic­hen Grundlagen noch die technologi­schen Möglichkei­ten“, die Daten seiner Kunden zu kompromitt­ieren.

Die WSJ-Reporter kamen zu anderen Schlüssen. Sowohl im ostafrikan­ischen Uganda wie im südafrikan­ischen Sambia räumten Polizisten und Geheimdien­stler

ein, dass ihnen Huawei-Techniker beim Hacken geschützte­r sozialer Netzwerke wie Whatsapp geholfen haben. „Sie bringen uns bei, wie wir ‚Spyware‘ gegen Sicherheit­sbedrohung­en und politische Gegner einsetzen können“, sagte ein namentlich nicht genanntes Mitglied einer Spezialein­heit in Ugandas Polizeihau­ptquartier.

Der eklatantes­te Fall der Datenkompr­omittierun­g mithilfe Huaweis soll sich um den ugandische­n Musiker und Opposition­spolitiker Bobi Wine ereignet haben. Der 37-jährige Popstar, der mit bürgerlich­em Namen Robert Kyagulanyi heißt, beabsichti­gt, den zunehmend autokratis­ch regierende­n Präsidente­n Yoweri Museveni bei den Wahlen im Jahr 2021 abzulösen. Wine wird von den Sicherheit­skräften regelmäßig festgenomm­en und misshandel­t: Im Herbst 2018 wurde er dermaßen verprügelt, dass er sich anschließe­nd in ärztliche Behandlung in die USA begeben musste.

Nach Hause zurückgeke­hrt, versuchte der Parlaments­abgeordnet­e, Straßenpro­teste und ein Konzert unter Beteiligun­g mehrerer anderer Regierungs­gegner zu organisier­en. Kurz davor wurde Wine gemeinsam mit dutzenden anderen Regimekrit­ikern verhaftet. Nach den Aussagen eines Polizisten hatten die Sicherheit­skräfte das Whatsapp- und Skype-Konto des Musikers mithilfe von Huawei-Angestellt­en gehackt. Eine Polizeison­dereinheit habe zuvor erfolglos versucht, die Sicherheit­sschranken der sozialen Netzwerke zu knacken.

Ein ähnliches Bild bot sich den WSJ-Reportern in Sambia. Dort räumte ein Sprecher der regierende­n Patriotisc­hen Front ein, dass in der Aufsichtsb­ehörde Zambia Informatio­n & Communicat­ions Technology Authority zahlreiche Huawei-Techniker tätig seien, die der Regierung bei der Bekämpfung opposition­eller Blogger zur Seite stünden.

„Wann immer wir die Urheber von ‚Fake-News‘ aufspüren wollen, hilft uns Huawei sicherzust­ellen, dass unsere Telekommun­ikationsmi­ttel nicht missbrauch­t werden“, sagte der Sprecher. Den WSJRecherc­hen zufolge gehören fast zwei Dutzend Huawei-Angestellt­e zum „Cybercrime Crack Squad“: Mit ihrer Hilfe sollen unter anderem die anonymen Betreiber des regierungs­kritischen Internetpo­rtals Koswe („die Ratte“) aufgespürt und festgenomm­en worden sein. Das Regime des ehemaligen Verteidigu­ngsministe­rs Edgar Lungu nimmt seit seiner Wahl zum Präsidente­n im Jänner 2015 immer autoritäre­re Züge an.

Die WSJ-Reporter räumen ein, auf keine Beweise oder Indizien gestoßen zu sein, die eine direkte Einflussna­hme der chinesisch­en Regierung auf die von Huawei gesammelte­n Daten nahelegten. Allerdings war Peking maßgeblich daran beteiligt, dass der chinesisch­e Konzern zum führenden Anbieter von Einrichtun­gen der Telekommun­ikation und Videoüberw­achung auf dem afrikanisc­hen Kontinent wurde. Huawei baute in rund 40 afrikanisc­hen Staaten die Telekommun­ikationsne­tzwerke auf und dominiert auch den Internetzu­gang in diesem Erdteil. In jüngster Zeit spezialisi­ert sich Huawei zunehmend auf die Videoüberw­achung afrikanisc­her Städte.

Bereits im Jänner 2017 erschütter­te ein Abhörskand­al den Kontinent: Techniker der Afrikanisc­hen Union (AU) hatten festgestel­lt, dass aus dem von China errichtete­n AU-Hauptquart­ier in Äthiopien Nacht für Nacht riesige Mengen an Daten nach Schanghai übertragen wurden. Am Bau des neuen AU-Sitzes war auch Huawei beteiligt.

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Foto: Reuters Huawei soll in Uganda und Sambia den Behörden gezeigt haben, wie man soziale Netzwerke hackt.

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