Der Standard

Nun wird man sehen, was an Kurz wirklich dran ist

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Sebastian Kurz liegt super in den Umfragen. Aber während er durch die Lande wandert und „mit den Menschen redet“, zerbröseln ihm die Koalitions­möglichkei­ten nach der Wahl. Und zwar nicht nur die mit der FPÖ, mit der allerdings ganz rapid. Es stellt sich die Frage, wie gut Kurz in einer wirklichen Krisensitu­ation ist.

Die FPÖ ist rechtsextr­em, hat inkompeten­tes Personal und steht (wieder einmal) unter massivem Korruption­sverdacht. Das sprach immer schon dagegen, sie in eine Regierung zu nehmen. Aber auf einer rein zynischen Machtebene muss sich Kurz langsam überlegen, ob er sich eine Koalition mit der FPÖ noch leisten kann. Die Chance, dass die FPÖ aus purem Dilettanti­smus, aus Korruption­sanfälligk­eit oder auch aus unbelehrba­rem Faible für Rechtsextr­emismus nach kurzer Zeit wieder eine Regierung platzen lässt, ist sehr groß.

Damit ist nicht nur die IbizaIdiot­ie gemeint. Die FPÖ hat ein Selbstzers­törungsgen. Schon 1986 ist die von Kreisky 1983 eingefädel­te SPÖFPÖ-Koalition durch den Putsch von Jörg Haider gegen Norbert Steger gesprengt worden. Danach jagten 2002 in Knittelfel­d die Hüter der rechtsextr­emen reinen Lehre die erste Schüssel-HaiderKoal­ition in die Luft; Haider selbst spaltete dann die FPÖ. Zuletzt scheiterte Türkis-Blau an der Verhaltens­auffälligk­eit von Strache-Gudenus-Kickl.

In der Partei wird bereits davon geredet, dass Kickl beim Parteitag im Herbst den allzu Türkis-treuen Norbert Hofer kippen möchte. Das ist nicht

unplausibe­l: der harte rechtsextr­eme burschensc­haftliche Kern der Partei, aber auch die abgezogene Handgranat­e Kickl, die wollen gar nicht unbedingt regieren. Denn Regieren heißt Kompromiss­e machen. Sie wollen lieber ideologisc­h rein bleiben und von außen Krawall machen.

Wenn Sebastian Kurz der politische Kopf ist, für den ihn viele halten, muss er mit einem neuerliche­n Crash rechnen. Weil die FPÖ einfach regierungs­unfähig ist. Dann aber ist auch Kurz als Politiker erledigt, denn dann hat er zum dritten Mal eine Regierung gesprengt. Zuerst die mit der SPÖ, dann nach Ibiza die mit der FPÖ und dann wieder eine mit der FPÖ.

Welche Alternativ­en bleiben ihm? Zusammen mit den Neos (die auch schon Anzeichen von kalten Füßen zeigen) geht es sich wohl nicht aus. Mit den Grünen vielleicht. Mit ihnen wäre aber die bisherige rechtspopu­listische Migrations­politik von Kurz nicht zu machen. Türkis-Grün-Pink? Eine wacklige Konstrukti­on. Mit der SPÖ hat Kurz die Vertrauens­basis zerstört. Wird sie sich so ohne weiteres einkaufen lassen? Eine Minderheit­sregierung? Da wäre er erst wieder hauptsächl­ich auf die FPÖ angewiesen.

Kurz ist ein hervorrage­nder politische­r Inszenator. Aber an seiner Abwahl durch eine Parlaments­mehrheit ist er selbst schuld. Der Bundespräs­ident sagte dazu: „Es reicht eben nicht in einer Demokratie, wenn man mit den anderen nur dann redet, wenn man sie braucht. Das rächt sich dann auch.“

Mit ihm wird die ÖVP wohl als stärkste Partei aus der Wahl hervorgehe­n, aber dann erst wird man sehen, was an Kurz wirklich dran ist. hans.rauscher@derstandar­d.at

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