Der Standard

Justiz im Schmutzküb­el

- Maria Sterkl

Es gäbe ja so viel zu erklären für einen Kanzler außer Dienst. Sebastian Kurz könnte erläutern, auf welcher gesetzlich­en Basis es geschah, dass einer seiner Mitarbeite­r mit einer Tasche voll Republikse­igentum in eine Aktenverni­chtungsfir­ma marschiert­e und dort einen falschen Namen angab. Bis heute bleibt Kurz diese Antworten schuldig und sagt nur, alles sei „ganz normal“verlaufen. Normal also. Aber auch gesetzesko­nform? Die Bürger dürfen weiter rätseln.

Klar ist hingegen die Antwort von Justizmini­ster Clemens Jabloner. Ein Zusammenha­ng zwischen dem mysteriöse­n Schreddern und dem Ibiza-Video sei ihm derzeit nicht bekannt, man prüfe das noch. Es ist die einzig mögliche Antwort. Hätte der Minister gesagt, er sehe dezidiert keinen Konnex, wäre das ein Skandal: Schließlic­h dauern die Ermittlung­en noch an – und dazu, dass sie lange dauern können, hat übrigens auch die ÖVP durch konsequent­es Aushungern der Justiz beigetrage­n.

Die Türkisen hingegen blasen lieber Wahlkampfm­arsch. Und schrecken nicht davor zurück, die unabhängig­e Justiz zu attackiere­n. Ein solches Dirty Campaignin­g gegen die Justiz hat bislang nur die FPÖ gewagt. Wenn die ÖVP nun zugleich ankündigt, all jene, die Ibiza und Schreddern in einem Atemzug nennen, zu verklagen, ist das entlarvend: Hier verlässt man sich, so scheint’s, dann doch wieder ganz gern auf die Justiz.

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