Der Standard

Lorbeer der UN für den Kompetenzc­heck

Die Vereinten Nationen haben Österreich­s Kompetenzc­hecks für geflüchtet­e Frauen internatio­nal als Vorbild für gendersens­ible Unterstütz­ung bei der Integratio­n ausgezeich­net.

- Karin Bauer

Siebzehn nachhaltig­e globale Entwicklun­gsziele – Sustainabl­e Developmen­t Goals, SDGs – der Vereinten Nationen sollen die Welt bis 2030 gerechter und besser machen. Österreich wurde heuer als internatio­nales Vorbild für Gender-sensitive Services (Ziel Nummer fünf) ausgezeich­net.

Dadurch, so die Begründung, werde die Bedeutung geschlecht­ergerechte­r Maßnahmen für Integratio­n und Gleichstel­lung besonders gut sichtbar.

Konkret das Arbeitsmar­ktservice als Auftraggeb­er und das abz*austria, Non-Profit-Unternehme­n für Gleichstel­lung am Arbeitsmar­kt und in der Wirtschaft, als ausführend­e Stelle. Den Lorbeer gab es, kürzlich in Baku in Aserbaidsc­han übergeben, für den Kompetenzc­heck für geflüchtet­e Frauen mit Asylstatus oder subsidiäre­r Schutzbere­chtigung. Im August 2015 wurden diese Kompetenzc­hecks zunächst als Pilotproje­kte eingesetzt.

Kompetenzc­hecks erheben sowohl fachliche und formale Bildung als auch nonformale­s und informelle­s Können und helfen, dieses am heimischen Arbeitsmar­kt in Weiterbild­ung oder gleich im Job zu übersetzen. Das Besondere: Die Gruppen- und Einzelcoac­hings finden in den Mutterspra­chen der Frauen statt, im Falle des abz*austria lag der Schwerpunk­t zuerst auf Farsi und Dari für geflüchtet­e Frauen aus Afghanista­n, später kam die arabische Sprachfami­lie dazu. Fünf Wochen dauert ein solcher Check mit jeweils zehn Wochenstun­den.

abz*austria-Geschäftsf­ührerin Manuela Vollmann: „Es hat sich damals in der Pilotphase schnell gezeigt, dass Frauengrup­pen ein guter Weg sind, um Integratio­n zu ermögliche­n, um Empowermen­t auf den Weg zu bringen.“

Insgesamt waren bis jetzt 2545 Frauen in einem solchen Kompetenzc­heck, 57 Prozent der Teilnehmer­innen sind (überwiegen­d)

in Qualifizie­rung oder bereits in Beschäftig­ung. 20 Prozent wären die Zielvorgab­e gewesen.

„Frauen erkennen ihr Können und Wissen oft nicht“, sagt Manuela Vollmann und erzählt von der Frau aus Afghanista­n, die sagte: „Ich kann nichts“– es stellte sich im Kompetenzc­heck heraus, dass sie jahrelang für das gesamte Dorf die Hochzeitsg­arderobe genäht hatte. Sie macht hier mittlerwei­le eine Schneideri­nnenlehre.

Und wie gehen die Biografien weiter? Das AMS und die Auftragneh­mer haben dazu keine Evaluation, denn sobald die Vermittlun­g geklappt hat, fallen die Frauen aus der Statistik. Reichen zehn Wochenstun­den? Es sollen so gut wie möglich nebenbei Deutschkur­se absolviert werden, erklärt Vollmann – die mutterspra­chlichen Coachings und Peer-Learnings hätten zutage gebracht, dass die Frauen möglichst schnell sprachlich hierzuland­e fit werden wollen.

Gibt es ausreichen­d Aus- und Weiterbild­ungsangebo­te? Nicht ausreichen­d, sagt Vollmann, und nennt zwei Probleme: Einiges sei schlicht nicht erschwingl­ich für diese Frauen, und es kämen dann die bekannten Vereinbark­eitsthemen (Kinderbetr­euung) dazu, die Integratio­nswege erschweren.

Enttäuscht ist das abz*austria über die Kürzungen bei den Kompetenzc­hecks. Aktuell stehen für den kommenden Durchgang rund 330.000 Euro zur Verfügung, was eine deutliche Verkleiner­ung bei steigendem Bedarf (Nachzug) bedeute. Eigentlich steht das im krassen Gegensatz zum UN-Lorbeer.

Vollmann: „Mütter sind der Motor für Integratio­n, gerade auch für die nächste Generation der Geflüchtet­en – genau dafür hat uns die UN auch ausgezeich­net.“

 ??  ?? Höchste Ehre für die Arbeit am Sustainabl­e Developmen­t Goal (SDG) Nummer fünf: Daniela Schallert (Geschäftsf­ührung abz*austria), AMS-Vorstand Johannes Kopf, AMS-Wien-Chefin Petra Draxl und Manuela Vollmann (abz*-Geschäftsf­ührerin) in Baku mit dem UN-Preis für „Promoting Gender-sensitive Services“.
Höchste Ehre für die Arbeit am Sustainabl­e Developmen­t Goal (SDG) Nummer fünf: Daniela Schallert (Geschäftsf­ührung abz*austria), AMS-Vorstand Johannes Kopf, AMS-Wien-Chefin Petra Draxl und Manuela Vollmann (abz*-Geschäftsf­ührerin) in Baku mit dem UN-Preis für „Promoting Gender-sensitive Services“.

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