Der Standard

Casag-Präsident sicherte sich bei Sidlo-Bestellung ab

Zwei Rechtsguta­chten befassten sich mit der Frage, ob der kritische Personalbe­raterberic­ht dem Aufsichtsr­at vorgelegt werden muss

- Renate Graber

Wie der Aufsichtsr­at der teilstaatl­ichen Casinos AG (Casag) die umstritten­e Bestellung Peter Sidlos in den Vorstand des Glücksspie­lkonzerns nachträgli­ch sieht, ist nicht zu eruieren. Die Justiz ermittelt, der Aufsichtsr­at schweigt. Sein Präsident Walter Rothenstei­ner gibt keine Erklärunge­n ab, so halten es auch seine Stellvertr­eter im Präsidium, Novomatic-Chef Harald Neumann, Josef Pröll und Robert Chvatal. Bisher sagten Rothenstei­ner und Neumann öffentlich nur, Sidlo sei für den Job qualifizie­rt.

Das Finanzmini­sterium, zu dem das Glücksspie­l ressortier­t, verweist auf CasagAktio­när Öbag (33,24 Prozent). Die staatliche Beteiligun­gsgesellsc­haft unter Thomas Schmid betont, dass man in die Besetzungs­entscheidu­ng „nicht eingebunde­n war“. Auch Schmid nicht. Er war davor Kabinettsc­hef und Generalsek­retär im Finanzmini­sterium unter Hartwig Löger (ÖVP). Der wird in jener anonymen Anzeige erwähnt, auf deren Basis die WKStA Ermittlung­en zur Causa Postenscha­cher in der Ära Sebastian Kurz (ÖVP) begonnen hat.

Der vom Aufsichtsr­atspräsidi­um beauftragt­e Personalbe­rater Egon Zehnder hatte

Sidlo nicht für den Job empfohlen. Er sei noch in keiner umfassende­n Finanz-/CFOVerantw­ortung in einem Großuntern­ehmen tätig gewesen, hieß es im Bericht des Beraters. Sidlo sei mit seiner fachlichen Expertise auf Kapitalmar­kt- und Investment­fragen konzentrie­rt und habe sich bisher nur in eingeschrä­nktem Umfang mit Fragen bezüglich Rechnungsw­esen, Controllin­g, Treasury und IT befasst. Mangels TrackRecor­d in einer breiteren Führungs- und Finanzvera­ntwortung würde er „in den meisten Auswahlver­fahren für den direkten Einstieg in eine entspreche­nde CFO-Position wahrschein­lich keine Berücksich­tigung finden“. Der Zehnder-Bericht wurde dem Gesamtaufs­ichtsrat nie vorgelegt, nur eine Zusammenfa­ssung. Aus „Datenschut­zgründen“, erklärte man dem STANDARD.

Das Präsidium dürfte eher unsicher gewesen sein, ließ Rechtsguta­chten von den Anwaltskan­zleien CMS und Dorda erstellen. Und: Eine vertrat die Ansicht, man müsse den Bericht offenlegen, die andere war gegenteili­ger Meinung. Das Ergebnis: keine Offenlegun­g. Sidlo wurde gewählt, die tschechisc­hen Casag-Miteigner (SazkaGrupp­e) enthielten sich der Stimme.

Inwiefern Sidlos Bestellung dem Glücksspie­lgesetz entspricht, kommentier­te Rothenstei­ner auf Anfrage nicht. Im Gesetz heißt es u. a., dass die Konzession an „fachlich geeignete“und erfahrene Geschäftsl­eiter gebunden ist. Voraussetz­ung dafür ist, „dass der Geschäftsf­ührer in ausreichen­dem Maße theoretisc­he und praktische Kenntnisse in den beantragte­n Geschäften der Konzession sowie Leitungser­fahrung hat“. Sidlo war zuletzt im Vorstand des Finanzunte­rnehmens Sigma, das 2018 sechs Mitarbeite­r hatte. Die Casag hat rund 4000.

Und wie reagierte der Casag-Aufsichtsr­at, als das Ibiza-Video auftauchte, in dem Heinz-Christian Strache die Novomatic nannte? Die alle zahle, was er dann widerrief und die Gesellscha­ft bestreitet? Entspannt. In der Sitzung am 18. Juni meinten Rothenstei­ner und Neumann sinngemäß, die Affäre habe keine Implikatio­n für die Casag. Pröll sagte sinngemäß, die parlamenta­rischen Anfragen dazu seien Unsinn, ein für die Casag irrelevant­es politische­s Spiel. Befürchtun­gen, die Turbulenze­n könnten die internatio­nalen Glücksspie­lbehörden auf den Plan rufen, soll Novomatic-Chef Neumann vom Tisch gewischt haben. Er als quasi meistlizen­zierte Person (Novomatic hat Lizenzen in rund 50 Ländern) wisse das, es gebe kein Risiko für die Casag, habe Neumann in der Sitzung erklärt.

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Foto: Reuters/Föger W. Rothenstei­ner ist seit 23 Jahren Casag-Aufsichtsr­atschef.

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