Der Standard

Superklebe­r der Neandertal­er

Birkenpech­herstellun­g ist noch viel einfacher als gedacht

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– Birkenpech war so etwas wie der Superklebe­r der Eiszeit: Die teerige Substanz findet sich zum Beispiel auf den Pfeilen von Ötzi, der damit scharfe Steinspitz­en an Holzschäft­en befestigte. Die früheste Verwendung von Birkenpech wurde in Italien entdeckt und auf etwa 200.000 Jahre geschätzt, was nahelegt, dass bereits die Neandertal­er den Klebstoff herstellte­n.

Das wurde viele Jahre lang als Beweis dafür angesehen, dass die Neandertal­er über erhebliche technische Fähigkeite­n und also auch Hirnschmal­z verfügten. Forscher haben in den vergangene­n Jahren den Herstellun­gsprozess immer wieder unter vorzeitlic­hen Bedingunge­n nachgestel­lt. Deshalb nahm man lange an, dass man bei der Herstellun­g des Klebers aus Birkenrind­e auf die Temperatur achten muss, die ziemlich genau 350 Grad betragen sollte. Zudem sei eine luftdichte Versiegelu­ng nötig, damit die Rinde nur verschwelt.

Vor zwei Jahren erst kam ein Team der Uni Leiden jedoch zum Schluss, dass die genau Temperatur doch nicht so eine wichtige Rolle spielt wie lange angenommen: Es klappt auch bei Temperatur­en, die höher als 200 Grad Celsius liegen, aber niedriger als 500 Grad sind. Bleibt die luftdichte Versiegelu­ng, die einige Cleverness erfordert – dachte man zumindest bis jetzt.

Denn nun hat ein internatio­nales Forscherte­am um Patrick Schmidt (Uni Tübingen) Birkenpech unter einfachste­n Bedingunge­n herstellen können. Wie die Forscher im Fachblatt PNAS berichten, haben sie einfach Birkenrind­e in unmittelba­rer Nähe senkrecht aufgestell­ter, glatter Steine verbrannt. Nach nur drei Stunden sammelte sich an den Steinen eine brauchbare Menge an Birkenpech, die man nur abschaben musste.

Dieses Birkenpech hatte die gleichen chemischen Eigenschaf­ten wie jenes der Neandertal­er, die – zumindest für diesen Herstellun­gsprozess – weniger Hirnschmal­z investiere­n mussten als gedacht. (tasch)

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Foto: Jorre/Wikimedia, CC BY-SA 3.0 Nach altem Rezept hergestell­tes Birkenpech.

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