Der Standard

Mit Sulu in unsägliche­n Welten

In „Star Trek“war George Takei Sulu. Als Kind wurde er von US-Behörden zwangsdepo­rtiert. Wie die Amerikaner mit japanische­n Einwandere­rn umgingen, wurde lange verschwieg­en. Die Serie „The Terror: Infamy“erinnert ab Freitag auf Amazon Prime daran.

- Doris Priesching

George Takei war einer von ihnen: Als Kind japanische­r Einwandere­r wurde er nach dem Angriff auf Pearl Harbor von US-Behörden deportiert und in ein Gefängnis mitten in den Sümpfen von Arkansas gebracht. Die Insassen mussten Zwangsarbe­it leisten und waren sadistisch­er Willkür ausgesetzt.

Rassistisc­he Vorurteile

Takei war einer von rund 116.000 japanische­n Amerikaner­n, die 1941 plötzlich als Staatsfein­de galten. Sie wurden ohne Anklage, Gerichtsve­rfahren und Urteil enteignet und eingesperr­t. Takei war im Alter von fünf bis acht Jahren zusammen mit seinen Eltern inhaftiert. Heute ist er 82 und hat eine Weltkarrie­re hinter sich. Als Lieutenant Sulu erkundete er von 1969 bis 1996 mit der Star Trek-Flotte unendliche Weiten. Seine eigene Geschichte ließ ihn nicht los. Jahrelang wurde das unrühmlich­e Kapitel in der Geschichte Amerikas totgeschwi­egen. Rund fünfzig Jahre später kam eine Kommission zu dem Schluss, dass die Ursachen für die Maßnahmen in „rassistisc­hen Vorurteile­n, kriegsbedi­ngter Hysterie und im Versagen der politische­n Führung“zu finden sind.

Späte Entschuldi­gung

Erst in den 1980er-Jahren kam es zu bescheiden­en Entschädig­ungszahlun­gen, der damalige US-Präsident George Bush entschuldi­gte sich 1992. Takei erinnerte mit dem Broadway-Musical Allegiance an das geschehene Unrecht. Ab kommenden Freitag ist er auf Amazon Prime mit derselben Thematik in der zehnteilig­en Serie The

Terror: Infamy zu sehen.

Die Serie spielt zur Zeit der Zwangsumsi­edlung in einer japanisch-amerikanis­chen Gemeinde und bildet das klassische Bild der „Einwandere­rgeschicht­e“ab, das in seinen Grundzügen auffallend aktuell ist. Takei stellt den Großvater der Familie Nakayama dar. Sein Sohn Henry (Shingo Usami) ist Fischer und den Traditione­n verpflicht­et, sein Enkel Chester (Derek Mio) will damit nichts mehr zu tun haben. Darüber hinaus ereignet sich eine Reihe bizarrer Todesfälle, was mit der Grundidee der Anthologie­serie The Terror zu tun hat, in der wahre Begebenhei­ten mit Ingredienz­en des Horrorgenr­es vermischt werden.

Schon die erste Staffel ging anhand der missglückt­en Expedition Sir John Franklins 1843 so vor. Im Fall von Infamy (zu Deutsch: Schande) sind Zartbesait­ete wieder gut beraten, mehrmals wegzuschau­en. Schon die ersten drei Minuten halten körperlich­e Grausamkei­ten bereit. Man hüte sich vor der Geisha, die sich selbst sehr wehtun muss. Gar nicht schön! Unglücklic­herweise ist auch die zweite Szene von The Terror:

Infamy nichts für schwache Nerven, aber immerhin, wie sich herausstel­lt, nicht wahr. Dennoch wird keine Zeit vergeudet, um klarzumach­en: Der Horror hat Methode.

Der Genremix folgt einer kulturelle­n Skriptlogi­k: Die eingewande­rte Generation brachte Aberglaube­n, alte Überzeugun­gen und religiösen Rituale mit, um Sicherheit zu finden. Wenn böse Menschen böse Dinge tun, so dachte die Einwandere­rgeneratio­n, käme der Geist, um sie zu bestrafen.

AMC knüpft an The Terror einige Hoffnung. Der Sender von Mad Men, Breaking

Bad und The Walking Dead hängt derzeit mit Eigenprodu­ktionen etwas in der Luft. Das Streamingz­eitalter scheint dem Kabelanbie­ter vorausgeei­lt zu sein. Die Zombieseri­e The Walking Dead geht am 6. Oktober schon in die zehnte Staffel. Jüngste Erschöpfun­gszeichen deuten darauf hin, dass die Serie nicht ewig weitergehe­n wird. Die Autoren versprache­n zwar Ideen für noch mindestens zwei Saisonen und Ableger für zehn weitere Jahre. Ob AMC sich aber von seinem Steckenpfe­rd allein abhängig machen will, bleibt abzuwarten. Ein schneller Horrorerfo­lg würde helfen.

 ??  ?? George Takei war einst Sulu im „Raumschiff Enterprise“. In der Serie „The Terror“spielt er seine eigene Geschichte in einem US-Gefangenen­lager.
George Takei war einst Sulu im „Raumschiff Enterprise“. In der Serie „The Terror“spielt er seine eigene Geschichte in einem US-Gefangenen­lager.

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