Parteien kritisieren gestückelte Summen und wollen Postenbesetzungen prüfen ÖVP-Spendenliste bringt Kurz unter Druck
Wien – Die Veröffentlichung von Großspenden an die ÖVP in den Jahren 2018 und 2019 sorgt für umfassende Kritik an Altkanzler Sebastian Kurz. Die Milliardärin Heidi Goëss-Horten überwies monatlich 49.000 Euro und umging so die Grenze für sofortige Meldungen, die bis Juli bei 50.000 Euro lag. Die Öffentlichkeit erfuhr also bisher nicht, dass Goëss-Horten in den vergangenen 19 Monaten über 930.000 Euro an die ÖVP überwiesen hat.
Die FPÖ fragte in diesem Zusammenhang nach etwaigen „Gegenleistungen für fürstliche Spenden“, die Neos wollen sich „Postenschacher“genau anschauen. Auch die SPÖ äußerte Kritik, ihr Geschäftsführer Thomas Drozda sprach davon, dass „98 Prozent der ÖVP-Spenden von Milliardären und Konzernen kommen“. Die Grünen brachten sogar eine Sachverhaltsdarstellung an den Rechnungshof ein, sie vermuten eine Verletzung des Parteienfinanzierungsgesetzes. Die ÖVP ging am Mittwoch auf Tauchstation und äußerte sich nicht zu den Vorwürfen. Nach Ansicht von Experten waren die Spenden, auch in der Stückelung auf 49.000 Euro, legal. Bereits im Juli hatten SPÖ, FPÖ und Jetzt eine Verschärfung beschlossen. (red)
„Wenn ich Spenden intransparent sammeln würde, dann können Sie zu Recht annehmen, dass ich irgendein Problem damit habe, die Personen öffentlich zu machen und dass es da vielleicht den Versuch gibt, Politiker zu kaufen.“In der Form des Konjunktivs erklärte Kanzlerkandidat Sebastian Kurz 2017 im „Sommergespräch“dem ORF-Moderator Tarek Leitner, was man aus verschleiernden Spendenkonstruktionen legitimerweise schließen könne. „Trotz strenger Gesetze gibt es immer noch zu viel Intransparenz. Wir gehen hier einen anderen Weg und veröffentlichen alle Spender transparent auf unserer Homepage.“Sprach der ÖVP-Chef in einem Wahlkampf-Interview mit dem „Kurier“2017. In der Zeit seiner Kanzlerschaft wurden die üppigen Zuwendungen, die nun ans Licht gekommen sind, auf keiner Homepage zugänglich gemacht. „Ich habe kein Problem damit, wenn jemand bereit ist, eine Partei zu unterstützen – solange es transparent ist.“So beschrieb der frischgebackene Altkanzler Sebastian Kurz seine Haltung im Gespräch mit dem
STANDARD am 28. Mai dieses Jahres. Mit gestückelten Großspenden knapp unter der Meldungsgrenze für den Rechnungshof hatte er offenbar auch kein Problem. „Totalitäre Regime schaffen Spenden ab. Die DDR hat es verboten, den Parteien zu spenden. Das ist der Geist der Sozialdemokratie.“Die gesetzliche Neuregelung der Parteienfinanzierung im Juli – mit einer parlamentarischen Mehrheit von SPÖ, FPÖ und Liste Jetzt – brachte den schwarzen Generalsekretär Karl Nehammer in Rage. In etwas eigenwilliger historischer Analogiebildung fühlte er sich durch die Deckelung der Großspenden an den Kalten Krieg erinnert. Und an ein Einparteiensystem. (ta)