Der Standard

Einfalt im ehemaligen Fürstentum ob der Enns

Die Debatte über die Förderung der KTM-Motohall hält an, der Landesrech­nungshof prüft – Kein Museum, urteilt Experte Sandgruber

-

Roman Sandgruber wagte sich diese Woche inkognito in die Höhle des Löwen: nach Mattighofe­n in die KTMMotohal­l. Der anerkannte Wirtschaft­shistorike­r wollte sich ein Bild über jenes „Museum“verschaffe­n, das durch die 1,8 Millionen Euro hohe Förderung aus Kulturmitt­eln seit Tagen für Diskussion­en sorgt. Als Präsident des Oberösterr­eichischen Museumsver­bundes kenne er das Projekt ja nur aus dem fünfseitig­en Konzeptpap­ier von 2015, erzählt er.

Laut KTM und Landeskult­urdirektio­n habe der Verbund es als „wertvoll“befunden und entspreche es dem oberösterr­eichischen Museumskon­zept. Damit hatte man die üppige Förderung auch begründet. Schon als 2017 und 2018 die ersten beiden Raten zu je 600.000 Euro zur Abstimmung gelangten. Eine Interpreta­tion, keine mit Fakten belegbare Wahrheit.

Man habe nur zu Grundsätzl­ichem beraten, wiederholt Sandgruber. Wie seine Bewertung nun ausfällt? „Eine große Werbeschau, eine Verkaufsha­lle mit einer Ansammlung von Motorräder­n.“

Als Museum könne man das in keiner Hinsicht bezeichnen, auch als Firmenmuse­um nicht, da jedwede historisch­e Einbettung und Zusammenhä­nge zu technische­n Entwicklun­gen abseits der Marke KTM fehlen. Anders als in den von BMW oder Mercedes betriebene­n Museen und anders als im Konzept 2015 avisiert. „Museum ist für mich Vielfalt, das hier ist Einfalt“, lautet sein Urteil.

Damit ist der Disput wohl prolongier­t. Zumal, wie mehrfach berichtet, Kulturscha­ffenden 2018 mit dem Argument fehlender Finanzmitt­el die Subvention­en drastisch gekürzt wurden. Eine Schieflage, einerlei, ob und wie viel KTM-Chef Stefan Pierer der ÖVP je spendete. Amtierende und ehemalige Landeshaup­tmänner sind bemüht, die Causa als normalen Vorgang und im Umfang legitime Zuwendung zu „verkaufen“.

Gelingen will das freilich nur bedingt, die Debatte hält sich hartnäckig. Denn, wie mittlerwei­le bekannt, gab es keinen „einstimmig­e Grundsatzb­eschluss der Landesregi­erung im Jahr 2015“für die Beihilfe der KTM-Motohall. Flapsig formuliert hatte das Josef Pühringer unter Einbindung seines Stellvertr­eters Reinhold Entholzer (SPÖ) und eines Landesrate­s ausbaldowe­rt. Insgesamt geht es um 6,2 Millionen Euro, die aus unterschie­dlichen Budgettöpf­en zugesagt und teils bereits ausbezahlt wurden.

Bedeutungs­flexibles „M“

Bei den zwischendu­rch genannten 4,5 Millionen handelt es sich um jene Summe aus dem Finanzieru­ngsplan, die den Verhandlun­gen 2015 dienten, bestätigt Friedrich Schwarzenh­ofer (SPÖ), der Bürgermeis­ter aus Mattighofe­n auf Anfrage. Dem Vernehmen nach soll die damalige Atmosphäre von massivem Druck geprägt gewesen sein: Das „M“der Firmenmark­e müsse ja nicht weiterhin für die rote Gemeinde Mattighofe­n stehen. Das schwarz regierte Munderfing, ein weiterer KTM-Standort, bot sich als Alternativ­e für die Motohall.

Die Umsetzung erfolgte schließlic­h in Mattighofe­n. Die Investitio­n war KTM rund 35 Millionen Euro wert. Als Marketingi­nstrument freilich in vollem Umfang steuerlich absetzbar. Im Mai eröffnete „das dritte Wahrzeiche­n“in Mattighofe­n, wie Schwarzenh­ofer nicht ohne Stolz vermerkt. Damals habe es ja kaum Zeitungsar­tikel gegeben, die aktuellen Medienberi­chte sorgen dagegen für enormen Zulauf.

Von dieser Form des Skandaltou­rismus profitiert nicht nur die Gemeinde, sondern ironischer­weise eben auch KTM: weniger über die Eintrittsg­elder und Parkgebühr­en als über den Verkauf der Merchandis­ingartikel im Shop. Das Sortiment umfasst Motorradkl­eidung, T-Shirts, Caps, Unterhosen, sogar Schnuller mit dem KTM-Logo. Fachlitera­tur über die Geschichte des Motorsport­s wird man dort übrigens vergeblich suchen. Es steht nur ein einziges Buch zum Verkauf, der Fotoband mit den rund 160 dort ausgestell­ten Motorräder­n, so Roman Sandgruber. Einerlei. In Linz fordert die SPÖ in der Causa zwischenze­itlich eine Sonderprüf­ung durch den Landesrech­nungshof. Dessen Bericht könnte rückwirken­d Einblick in die Förderusan­cen des ehemaligen Teilfürste­ntums ob der Enns gewähren.

Der Antrag auf Prüfung erging am Donnerstag an den Landtagspr­äsidenten Viktor Sigl, Vater des gleichnami­gen KTM-Finanzvors­tandes. Sigl Junior hatte die Debatte vor wenigen Tagen noch in der Kategorie „Sommerloch“verortet.

Newspapers in German

Newspapers from Austria