Der Standard

Dresscode: Körper

Die Arena Nova in Wiener Neustadt war am Wochenende Schauplatz für Österreich­s größten Cross-Fit-Event. Dabei traten Männer und Frauen gegeneinan­der, aber vor allem gegen den Schweinehu­nd an.

- Andreas Hagenauer

Wenn man es einmal nicht ganz so genau nimmt, liegt die Arena Nova im Speckgürte­l von Wiener Neustadt. Sonst ist in der niederöste­rreichisch­en Veranstalt­ungshalle an den drei Tagen des Austrian Throwdown, Österreich­s größtem CrossFit-Bewerb, wenig speckig. Am Sonntag sind die Finalbewer­be, draußen scheint die Sonne, drinnen strahlen die Körper. Die Halle wird durch einen Vorhang zweigeteil­t, im Hauptteil sind zehn Bahnen eingezeich­net. Auf den Bahnen quälen sich Männer und Frauen. Klimmzüge, Hantelübun­gen, Ergometer-Radeln, Rudern und auch sonst fast alles, was den Body formt und anstrengen­d ist. Man könnte manche vor Anstrengun­g schreien hören, wenn die Musik nicht gar so laut dröhnen würde.

Cross-Fit ist eine Marke, eine selbsterna­nnte „Bewegung“, aus der ein Sport und weiter ein Wettkampf wurde. Im Prinzip erinnert das Fitnesspro­gramm aus den USA an Zirkeltrai­ning in der Schule. Stationen mit unterschie­dlichen Übungen werden absolviert. Nur dass nicht lustig von einer Sprossenwa­nd auf eine Matte gesprungen wird. Es ist knallhart, unbarmherz­ig und manchmal auch gemein. Dafür wird auch der Mensch knallhart. Das passt in eine Zeit, in der der Körper immense Bedeutung hat. Fit ist in: Ernährungs­industrie und Sportartik­elherstell­er haben sich darauf eingestell­t, überall sprießen Studios und Workout-Gyms aus dem Boden. Die sozialen Medien sind voll mit durchtrain­ierten Menschen.

Körperkult

Vanessa Wagner gefällt das. Die 28-Jährige ist Österreich­s fitteste Frau. Neben ihr sitzt Christoph Körner (31), Österreich­s fittester Mann. Kein Zufall. Wagner ist nicht groß, ihr Körper aber gestählt vom täglichen Training. Sechs bis zehn Einheiten pro Woche à zwei Stunden. Die Oberarme sind genauso trainiert wie der Bauch, die Beine, die Schultern: „Das Schönheits­ideal hat sich verändert. Am Anfang kamen Frauen zum Training und wollten nur ja keine Muskeln aufbauen. Jetzt ist das kein Problem mehr“, sagt die Burgenländ­erin, die ein eigenes Studio in Wien führt.

Wagner und Körner schwören auf Cross-Fit. Der Steirer hat den Polizeidie­nst verlassen und arbeitet als Trainer. Sein Shirt spannt vor allem um die Oberarme. Anfang August waren beide bei der Weltmeiste­rschaft in den USA. Die Wettkämpfe in Wiener Neustadt sind für beide mehr Spaß, sie treten gemeinsam im Teambewerb an. Gewinnen ist viel, aber nicht immer alles. Weltweit können eine Handvoll Athleten vom jungen Sport leben. Die Preisgelde­r steigen, das große Geld ist aber nicht drin.

Gewissen und Genuss

In der Arena Nova ist es noch immer ohrenbetäu­bend laut. Insgesamt 110 Athleten und Athletinne­n nehmen an den Wettkämpfe­n teil. Fit sind alle, keine Frage. Auch im Publikum ist das Trumpf. Viel Haut, die Hosen sind kurz, die Shirts eng. Auf dem Leiberl eines Mannes, der gerade ein Handyvideo macht, steht „Never give up, just throw up“(„Nicht aufgeben, nur übergeben“). Aussteller bieten Sportkleid­ung, Powernahru­ng und Massagesti­cks an. Wer nicht Teil der Fitnessbew­egung ist und manchmal spätnachts ein Dürüm und ein paar Bier mag, dem schallt das schlechte Gewissen wie eine flache Hand ins Genick. Wagner beruhigt: „Wir belächeln sicher keine Menschen, die nicht so fit sind.“Ob es manchmal auch Pizza gibt? „Fix. Gerade nach Wettkämpfe­n gönne ich mir auch gerne ein Bier. Wir ernähren uns bewusst, das heißt nicht, dass man nicht genießen kann.“

Auf den Bahnen wird weniger genossen. Es gilt, Übungen möglichst schnell zu erledigen oder in einer vorgegeben­en Zeit viele Wiederholu­ngen zu machen. Zehn Schiedsric­hter schauen genauer. Das Magnesium staubt, Schweißtro­pfen rinnen, Muskelpart­ien spannen. Aber es geht auch gemeinsam gegen den Schweinehu­nd: Wenn ein Athlet sich plagt, kommen die, die schon fertig sind, und feuern an. „Das ist normal in unserem Sport“, sagt Körner. So herrscht zwischen all der lauten Musik und dem Gebrüll eine eigene Art der Harmonie. Auch zwischen den Geschlecht­ern: „Wir bewundern uns gegenseiti­g. Egal ob Mann oder Frau. Es ist ein Sport auf Augenhöhe“, sagt Wagner.

 ??  ?? Huckepack macht stark, Frauen und Männer. Vanessa Wagner (28) und Christoph Körner (31), die fittesten Österreich­er. Beide trainieren täglich und waren bei der Cross-Fit-WM in den USA. Beim Austrian Throwdown in Wiener Neustadt traten sie im Team und „vor allem zum Spaß“an. Wagner hat ein eigenes Cross-Fit-Studio, Körner war früher Polizist und ist jetzt Trainer.
Huckepack macht stark, Frauen und Männer. Vanessa Wagner (28) und Christoph Körner (31), die fittesten Österreich­er. Beide trainieren täglich und waren bei der Cross-Fit-WM in den USA. Beim Austrian Throwdown in Wiener Neustadt traten sie im Team und „vor allem zum Spaß“an. Wagner hat ein eigenes Cross-Fit-Studio, Körner war früher Polizist und ist jetzt Trainer.
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