Der Standard

Die Galionsfig­ur der Indigenen am Amazonas

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Gerade erst hat Häuptling Raoni Metuktire Papst Franziskus in Rom getroffen, danach war er bei Frankreich­s Präsidente­n Emmanuel Macron zu Gast. Politiker, Künstler und die Chefs europäisch­er Königshäus­er suchen den Kontakt zu dem charismati­schen Stammesfüh­rer mit seinem imposanten Lippentell­er aus BalsaHolz. Nur ein Präsident hat bislang den Wunsch nach einem Treffen abgelehnt: Brasiliens Staatschef Jair Bolsonaro, Freund der Agrarlobby und von seinen Kritikern „Hauptmann Kettensäge“genannt.

Der inzwischen 87oder 89-jährige Raoni – sein Geburtsdat­um ist nicht genau bekannt – ist Kazike des Amazonas-Volkes der Kayapó und steht wie kein anderer für den jahrzehnte­langen Überlebens­kampf der Ureinwohne­r Brasiliens. Sein Wort hat Gewicht – auch internatio­nal.

„Bolsonaro soll aufhören, Unsinn zu reden“, stellte er auf seiner aktuellen Tour durch Europa klar. Raoni macht dessen Politik verantwort­lich für die Feuertragö­die am Amazonas. Bolsonaro stachle die Bauern an, den Regenwald in Brand zu setzen, um weiteres Ackerland zu gewinnen, sagte er.

Anfang der 1950er-Jahre kam Raoni in Kontakt mit den Villas-Bôas-Brüdern – Aktivisten, die für die Rechte

der Ureinwohne­r eintraten. Diese Begegnung habe sein Leben geändert, sagte Raoni später. Seitdem hat er sich dem Kampf für das Land der Indigenen verschrieb­en und ist zu einer Symbolfigu­r geworden.

Für die Holzfäller­mafia und die Agrarlobby wurde Raoni zum Staatsfein­d Nummer eins. Es gab Attentatsv­ersuche, Einschücht­erungen und Drohungen. Doch er ließ sich nicht aufhalten.

Schnell erkannte Raoni, dass er internatio­nale Verbündete braucht, um seine Botschaft zu verbreiten. 1978 drehte der Filmemache­r JeanPierre Dutilleux mit Luiz Carlos Saldanha eine Doku über Raonis Kampf, die den Häuptling bekannt machte. Doch erst 1989 verließ er zum ersten Mal Brasilien, zusammen mit Sänger Sting.

In 17 Ländern rief Raoni zum Kampf für den Erhalt des Amazonas-Regenwalde­s und der Ureinwohne­r auf. Nach der Tournee wurden weltweit zwölf Stiftungen gegründet, um einen Nationalpa­rk am Fluss Xingú mit rund 180.000 Quadratmet­ern zu schaffen. Sting und Raoni wurden enge Freunde.

Auf seiner derzeitige­n Reise durch Europa zeigte der Kazike auch, wie global Umweltschu­tz ist. Er lobte die Fridays-for-Future-Bewegung und traf sich in Frankreich mit jugendlich­en Aktivisten. Susann Kreutzmann

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Häuptling Raoni kritisiert Jair Bolsonaro wegen der Brände am Amazonas. Foto: AFP

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