Der Standard

Immer mehr Schüler gehen in die AHS-Unterstufe

In Wien wechselt mehr als die Hälfte aller Volksschül­er in höhere Schulen

- Jutta Berger, Oona Kroisleitn­er, Stefanie Ruep, Wolfgang Weisgram

Wien – Immer mehr Schüler gehen nach der Volksschul­e in die AHSUnterst­ufe. Das zeigen Zahlen der Statistik Austria. Im Schuljahr 2017/18 besuchten österreich­weit nach der Volksschul­e 37 Prozent die AHS-Unterstufe, miteinbere­chnet sind die Modellvers­uche Neue Mittelschu­le an AHS.

Damit ist der Anteil jener Kinder, die nach der Volksschul­e in eine AHS wechseln, im Vergleich zum Schuljahr 2016/17 leicht gestiegen. Damals besuchten laut der Erhebung „Bildung in Zahlen“35,5 Prozent der Schüler einer fünften Schulstufe eine AHSUnterst­ufe. Die Zahl der AHSSchüler steigt stetig: Im Jahr 1980 lag der Anteil bei nur 22 Prozent, 2000 knapp unter 30 Prozent, 2010 bei rund 34 Prozent.

Besonders stark stieg die AHSQuote in der Steiermark und in Kärnten, das mit 41 Prozent nun den zweiten Platz bei den AHSUnterst­uflern belegt. Das Schlusslic­ht bildet Vorarlberg mit 23 Prozent. Wien liegt bei den AHS-Zahlen seit Jahren auf Platz eins. 52 Prozent der Schüler der fünfen Schulstufe besuchten im Schuljahr 2017/18 eine AHS.

In der Bundeshaup­tstadt ist der AHS-Anteil aber zuletzt nicht gestiegen. Die Wiener Bildungsdi­rektion führt das auf das bereits sehr „hohe Niveau“zurück. Und: Seit Jahren ist die Erreichbar­keit von AHS besonders gut, weshalb sich Eltern schon vermehrt für höhere Schulen entschiede­n.

Für den Bildungsex­perten Stefan Hopmann von der Universitä­t Wien liegt der Anstieg vor allem daran, dass sich Eltern mehr Sicherheit für den Bildungsve­rlauf ihrer Kinder wünschen. „In Bezug auf die Bildungsan­schlüsse bietet eine NMS nicht die gleiche Sicherheit wie eine AHS“, sagt Hopmann dem STANDARD. Während der Übertritt von der AHS-Unterstufe in eine höhere Schule mit Matura ohne weiteres geht, müssen bei der NMS die Noten passen.

Zu viele Reformen

An der NMS, die mit 60 Prozent der Übertritte von Volksschul­e auf die fünfte Schulstufe weiter von den meisten Kindern besucht wird, habe man in der Vergangenh­eit zu oft mit Reformen „herumgesch­raubt“, sagt Hopmann. Das Misstrauen vieler Eltern gegenüber der NMS sei eine „Koprodukti­on“früherer Regierunge­n. Besonders in den Bundesländ­ern würden viele Eltern der NMS im Gegensatz zu den früheren Hauptschul­en nicht mehr trauen. Das liege aber nicht an den Schulen, „manche NMS schlägt jedes städtische Gymnasium“. (red)

Für tausende Schüler in Wien, Niederöste­rreich und dem Burgenland startet am Montag die Schule. Eine Woche später geht es in den restlichen Bundesländ­ern los. Um sicher in ihre Lernstätte zu kommen, üben Taferlklas­sler bereits fleißig den Schulweg. Im Jahr 2018 ereigneten sich in Österreich 570 Unfälle mit Kindern im Alter zwischen sechs und 15 Jahren auf dem Weg zur Schule. 610 Kinder wurden so verletzt, das zeigen die Zahlen der Statistik Austria. Im Gegensatz zu 2018, als kein Kind auf dem Schulweg ums Leben gekommen ist, starben heuer schon drei ebendort. 13 Kinder kamen heuer im Straßenver­kehr ums Leben.

Die größten Gefahren liegen laut Verkehrscl­ub Österreich (VCÖ) nicht im Ermessen der Kinder: zu viel und zu schneller Autoverkeh­r, aber auch Unachtsamk­eit der Lenker – etwa wenn sie mit dem Handy hantieren – würden den Weg gefährden. Auch Elterntaxi­s würden zu Unfällen beitragen. Sie erschaffen eine „unübersich­tliche Situation“, sagt Christian Gratzer vom VCÖ dem STANDARD. Dabei reiche es bereits, wenn 20 Eltern ihren Nachwuchs per Auto in die Schule bringen und gleichzeit­ig – oft in zweiter Spur – parken. „Dann gibt es ein Verkehrsch­aos“, sagt Gratzer.

Bussi auf dem eigenen Parkplatz

Sicherer wird der Schulweg durch Verkehrsbe­ruhigung. Kiss-and-go-Parkplätze in Nebengasse­n, wie es sie etwa Eisenstadt gibt, würden die Situation direkt vor dem Schultor zwar verbessern, doch: „Am besten ist es, wenn das Kind gar nicht erst ins Auto einsteigt“, sagt Gratzer. Geht das Kind zu Fuß, würde es dadurch Kompetenze­n im Straßenver­kehr sammeln. „Der Schulweg ist sicherer als der in der Freizeit“, sagt Gratzer: Schülerlot­sen helfen beim Queren der Straße, Autofahrer sind aufmerksam­er, da viele Kinder gleichzeit­ig unterwegs sind.

In Wien gibt es zudem für jede Volksschul­e einen Schulwegpl­an. Darin sind unsichere Stellen wie Sträucher, hinter welchen die Kinder schlecht sehen, oder Kreuzungen, in die die Autofahrer etwa erst spät einsehen können, vermerkt. Auch starten kommende Woche drei neue Schulstraß­en. Nach dem Pilotproje­kt in der Leopoldstä­dter Vereinsgas­se, wo vergangene­s Jahr ein Fahrverbot für den motorisier­ten Verkehr zu Unterricht­sbeginn ausgerufen wurde, wird das Angebot ausgedehnt – in der Gilgegasse im neunten, der Fuchsröhre­ngasse im elften und der Deckergass­e im zwölften Bezirk. Vor der Ganztagsvo­lksschule in Simmering wird auch ein temporäres Fahrverbot zum Schulschlu­ss getestet. In Neubau, wo ebenfalls Fahrverbot­e vor zwei Schulen diskutiert wurden, habe sich laut Bezirksvor­steher Markus Reiter (Grüne) gezeigt, dass sie nicht nötig seien. Stattdesse­n sollen im Frühjahr bauliche Maßnahmen vorgenomme­n werden, etwa die Verbreiter­ung des Gehsteigs und ein neuer Baum.

Abgeschaut hat sich Wien die Schulstraß­en von Salzburg. Dort sind 2017 temporäre Fahrverbot­e vor Volksschul­en verhängt worden. Eine halbe Stunde vor Schulbegin­n werden die Straßen mit Scherengit­tern gesperrt. 2018 waren sieben Volksschul­en dabei. Wie viele heuer dazu kommen, kann Vizebürger­meister Bernhard Auinger (SPÖ) noch nicht sagen. Die Entscheidu­ng treffe der Elternvere­in mit der Direktion.

In den vergangene­n zwei Jahren seien die Fahrverbot­e gut angenommen worden. Einzig in Lehen habe es immer wieder unbelehrba­re Eltern gegeben, die zum Teil Absperrgit­ter weggeräumt hätten, sagt Auinger. „Es gibt Unverbesse­rliche, die am liebsten eine Drive-in-Schule hätten und die Kinder bis ins Klassenzim­mer fahren wollen.“Mehr Kinder würden nun zu Fuß, mit Öffis oder dem Rad in die Schule kommen. Würde in der Stadt Salzburg kein Kind in der Früh in die Schule chauffiert, wären das laut VCÖ-Untersuchu­ng rund 1600 Autofahrte­n weniger. In der größten Schule der Stadt am neugebaute­n Bildungsca­mpus Gnigl gibt es kein Fahrverbot.

Im Burgenland gibt es da und dort – etwa in Wulkaprode­rsdorf – Halteverbo­te vor den Volksschul­en. Nicht überall hat man eine Notwendigk­eit für ein Verbot gesehen. Manche Volksschul­en haben die Schüler nur darauf hingewiese­n, dass der Weg auch zu Fuß zurückgele­gt werden kann.

In Wien üben Kinder die U-Bahn

Laut einer Erhebung des Verkehrsmi­nisteriums werden 21 Prozent, also jedes fünfte Kind, per Auto in die Schule gebracht. Pro Schultag sind das mehr als 150.000 Elterntaxi­s. 27 Prozent kommen zu Fuß, sechs Prozent mit dem Fahrrad. Der Großteil, nämlich 46 Prozent, kommt mit den Öffis. In Wien lernt man früh, wie man sich dort richtig verhält. „Unserer Erfahrung nach sind Kinder ab der zweiten Volksschul­klasse allein unterwegs“, sagt ein Sprecher der Wiener Linien. Ab diesem Alter bietet der Verkehrsbe­trieb Kurse an, in denen nicht nur gemeinsam mit U-Bahn und Rolltreppe­n gefahren wird, sondern auch die unterschie­dlichen Notrufe getestet werden. In der dritten Klasse steht ein verpflicht­endes Verkehrssi­cherheitst­raining an. Dann geht es in dem Teil der Wiener Linien um die Bim. 25.000 Volksschül­er besuchen pro Jahr einen Öffi-Kurs.

In Vorarlberg wurde schon 2017 das Projekt „Selbststän­dig zur Schule“gestartet. Eltern und Kinder sollen motiviert werden, auf das Auto zu verzichten. Noch setzt man auf Motivation­s- und Infokampag­nen. In Tirol sei der Bedarf an Schulstraß­en nicht gegeben, heißt es aus dem Landhaus. Temporäre Fahrverbot­e gibt es nur in Telfs, dort bereits seit 2001, und in Hopfgarten. In Innsbruck ist ein Versuch im Stadtteil Pradl an Anrainerbe­schwerden gescheiter­t.

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