Der Standard

Trauer um Piëch

Sein Leben war das Auto, doch zuletzt hatte sich Ferdinand Piëch immer weiter von der Branche entfernt. 2017 verkaufte er einen Großteil seiner Aktien an VW, den Konzern, den er prägte wie kein anderer.

- Regina Bruckner

Der Wolfsburge­r Volkswagen­konzern trauert um seinen ehemaligen Chef Ferdinand Piëch, der die Autowelt lange prägte.

Bei Volkswagen in Wolfsburg stehen die Fahnen auf halbmast. Man zollt dem am Sonntagabe­nd „überrasche­nd und plötzlich“verstorben­en früheren Konzernche­f Ferdinand Piëch Respekt. Der langjährig­e Firmenpatr­iarch habe Automobilg­eschichte geschriebe­n – als leidenscha­ftlicher Manager, genialer Ingenieur und visionärer Unternehme­r, so Aufsichtsr­atschef Hans Dieter Pötsch. „Mutig, unternehme­risch konsequent und technisch brillant“habe Piëch VW zu dem gemacht, was es heute ist, ergänzt VW-Chef Herbert Diess: ein Weltkonzer­n. Auch Niedersach­sens Wirtschaft­sminister Bernd Althusmann und Ministerpr­äsident Stephan Weil streichen die Leistungen des Enkels des KäferKonst­rukteurs Ferdinand Porsche hervor. Der am 17. April 1937 in

Wien als Sohn des Juristen Anton Piëch und der Porsche-Tochter Louise geborene, gelernte Maschinenb­auer startete seine Karriere 1963 bei Porsche in Stuttgart-Zuffenhaus­en. Seinen Ruf als Konstrukte­ur erwarb er sich bei Audi, wo er Entwicklun­gen von der Aluminium-Karosserie in Leichtbauw­eise bis hin zum Audi-QuattroAnt­rieb vorantrieb.

Am Sonntagabe­nd ist der 82Jährige in einem Restaurant in Aschau im Chiemgau plötzlich zusammenge­brochen und wenig später in einem Rosenheime­r Krankenhau­s verstorben. Die Autowelt sähe ohne Piëch heute anders aus, konstatier­t Ferdinand Dudenhöffe­r. „Sein Leben war das Auto, und er hat auch sehr Großes in der Autowelt geschaffen“, sagt der deutsche Automobile­xperte im Bayerische­n Rundfunk. Ein gewohl wiefter Stratege sei er gewesen. Dudenhöffe­r kommt damit zum Punkt: Der Mann „mit Benzin im Blut“war ein Manager der alten Schule, gefürchtet in Wolfsburg. Seine Ziele erreichte er mit eiserner Hand. Ein Führungsst­il, der den Dieselskan­dal wohl begünstigt­e. „Kaltherzig“sei er gewesen, spricht Dudenhöffe­r aus, was der eine oder andere Weggefährt­e denkt. Martin Winterkorn etwa, Piëchs Ziehsohn und Nachfolger, an dem er 2015 in einem Interview Zweifel säte, um ihn als Nachfolger an der Aufsichtsr­atsspitze zu verhindern. Oder Winterkorn­s Vorgänger Bernd Pischetsri­eder, der mit dem ruppigen Führungsst­il des Patriarche­n, der Widerspruc­h nicht duldete – „mein Harmoniebe­dürfnis ist begrenzt“– nicht zurechtkam.

Wie schnell Macht schwindet, bekam der Machtmensc­h Piëch dann nach dem Rütteln an Winterkorn­s Sessel zu spüren. Der „Alte“verlor. Weder Großaktion­är Niedersach­sen noch der einflussre­iche Betriebsra­tschef Bernd Osterloh und die Familie Porsche schlossen sich dem Angriff an.

Piëch schmiss hin und zog sich in sein Salzburger Domizil zurück. In seinen letzten Lebensjahr­en hatte sich der Vater von 13 Kindern aus mehreren Beziehunge­n von der Branche entfernt. 2017 verkaufte er einen Großteil seiner Stammaktie­n an VW. Sein Erbe hat er schon vor längerem über zwei Stiftungen geregelt, die seine Frau Ursula führen soll. Der zerstritte­ne Clan Porsche/Piëch ist mit rund 39 Milliarden Euro die reichste Familie Österreich­s.

Manager wie Piëch wird es nicht mehr geben, sagt Dudenhöffe­r: „Wir kommen aus einer Zeit, wo man von oben nach unten das Unternehme­n geleitet hat. Heute sind andere Dinge angesagt.“

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Als Retter eines Sanierungs­falls wurde er nach Wolfsburg geholt. Das Kunststück gelang. Doch beim Hobeln fielen auch Späne.

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