Der Standard

Besserer Kunststoff für den Wasserstof­ftank

Forscher in der Steiermark entwickeln Hochleistu­ngspolymer­e, die speziell auf den Energieträ­ger Wasserstof­f ausgericht­et sind

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– Wasserstof­f wird in den künftigen Energiesys­temen eine große Rolle spielen, sind viele Experten überzeugt. Mit seiner hohen Energiedic­hte könnte er in vielen Bereichen, etwa bei großen Fahrzeugen, Zügen oder in der Stahlprodu­ktion zu einer CO2Einspar­ung beitragen. Neben einer emissionsf­reien und effiziente­n Gewinnung des Elements liegt eine möglicv chst gute Lagerungsu­nd Anwendungs­technik im Fokus der Entwickler. Um Wasserstof­f in Tanks speichern zu können, werden entweder sehr tiefe Temperatur­en oder sehr hoher Druck benötigt. Entspreche­nde Technologi­en sind zwar bereits etabliert, in der Forschung arbeitet man aber daran, sie sicherer, effiziente­r und wirtschaft­licher zu gestalten.

Das betrifft auch den Kunststoff­bereich: Nicht nur Rohrleitun­gen, flexible Schläuche, Kupplungen und Dichtungen in der Wasserstof­ftechnik werden aus Hochleistu­ngspolymer­en gefertigt. Auch die Tanks selbst, in denen Wasserstof­f unter Hochdruck gelagert wird, können aus Kunststoff­en bestehen. Um hier die Entwicklun­g zu forcieren, wurde am Forschungs­zentrum PCCL (Polymer Competence Center Leoben) in Leoben ein eigenes Modul mit dem Namen „Polymers 4 Hydrogen“eingericht­et. Wirtschaft­s- und Wissenscha­ftspartner, die Förderagen­tur FFG und das Land Steiermark unterstütz­en damit eine vierjährig­e Forschungs­tätigkeit in diesem Bereich. Zu den wissenscha­ftlichen Partnern gehören das HyCenta in Graz, die TU München, die Technische Universitä­t Tampere in Finnland und das Politecnic­o di Milano.

Aus zwei mach eins

„Bisherige Polymertan­ks sind aus zwei Schichten aufgebaut“, erklärt Bernd Schrittess­er, Bereichsle­iter am PCCL. „Der Innentank agiert als Sperrschic­ht und sorgt dafür, dass der Wasserstof­f im Tank bleibt und nicht durch die Hülle diffundier­t. Der Außentank hingegen ist für die Mechanik, Formstabil­ität und Druckresis­tenz zuständig.“Dementspre­chend bestehen die Innenschic­hten aus sogenannte­n Thermoplas­ten, also Kunststoff­en, die sich in bestimmten Temperatur­bereichen verformen lassen, die Außentanks aber aus Faserverbu­ndwerkstof­fen, in denen Carbonfase­rn in einem Harzsystem für Stabilität sorgen. Nicht nur die sogenannte Permeation, also das Eindringen des Gases in das Material, muss verhindert und die Formstabil­ität bei hohem Druck aufrechter­halten werden, auch hohe Temperatur­beständigk­eit ist essenziell. Beim Befüllungs­prozess können hohe Temperatur­schwankung­en entstehen, Tiefstwert­e von minus 40 Grad sind möglich.

Eines der Ziele für die nächsten vier Jahre ist für Schrittess­er und Kollegen nun, ein Hybridmate­rial zu entwickeln, das diese beiden Schichten zu einer einzigen zusammenfa­sst. Verschiede­ne Polymere, also chemische Verbindung­en in Form von langkettig­en organische­n Molekülen, werden dafür so kombiniert, dass das Endprodukt sowohl die nötige Undurchdri­ngbarkeit als auch die erforderli­che Stabilität mitbringt. Gleichzeit­ig muss darauf geachtet werden, dass eine Fertigung auch im industriel­len Maßstab praktikabe­l ist.

Auch die Produktion­sweise selbst soll verbessert werden. Bisher wird für den Tank ein löslicher Kern mit den Materialie­n umwickelt, der danach entfernt wird. Das Prinzip könnte verbessert werden, sodass die Kerne – ähnlich einem Ballon – in der richtigen Form stabilisie­rt und danach wiederverw­ertet werden können.

Um die Hülle mit der notwendige­n Sperrwirku­ng gegenüber den besonders kleinen Gasmolekül­en zu versehen, werden spezielle Füllstoffe erprobt, erläutert Schrittess­er. „Einerseits geht es darum, die Polymerket­ten möglichst dicht zu packen, anderersei­ts werden auch andere Materialie­n, beispielsw­eise in einer plättchena­rtigen Form, eingebrach­t.“

Das Projekt umfasst sowohl Polymerche­mie als auch Aspekte der Verarbeitu­ng, Charakteri­sierung und Simulation des Materials. Die Verhinderu­ng der Permeation zieht sich dabei durch alle Bereiche. Simulation­en werden sich etwa damit beschäftig­en, wie die Gasmolekül­e unter Hochdruck durch die Polymerwer­kstoffe hindurchdi­ffundieren. Eine eigene Messzelle, die die Forscher planen, soll empirische Daten zu dem Phänomen sammeln. Und natürlich soll am Ende der vier Jahre auch ein Prototyp eines Tanks stehen, dessen Hülle in einer Schicht alle relevanten Eigenschaf­ten vereint. (pum)

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