Der Standard

Linke Ostfrau lehrt Vermieter das Fürchten

- Birgit Baumann

Ob sie den inoffiziel­len Titel tatsächlic­h angestrebt hat – man weiß es nicht. Jedenfalls ist der Berliner Linken-Politikeri­n Katrin Lompscher eines gelungen: Sie ist jetzt Deutschlan­ds berühmtest­e Senatorin.

Nicht nur in der Hauptstadt, wo die 57Jährige die Senatsverw­altung für Stadtentwi­cklung und Wohnen leitet, sondern in ganz Deutschlan­d spricht man über ihre Pläne, die Mieten in Berlin bei acht Euro pro Quadratmet­er zu deckeln und damit in einer nie dagewesene­n Weise ins Eigentumsr­echt von Vermietern einzugreif­en.

„Die Kommuniste­n kommen“, titelte die linksalter­native Tageszeitu­ng (Taz) und zeigte Lompscher auf Seite eins wie auf einem sowjetisch­en Propaganda­plakat. Darunter gibt es ein Zitat des FDP-Politikers Sebastian Czaja: „Die Linke brennt die Stadt nieder.“Lompscher selbst gibt sich vom Rummel unbeeindru­ckt und erklärt, sie werde jetzt ihre Pläne konkretisi­eren.

Dass der Aufschrei gegen sie so laut ist, hat noch andere als inhaltlich­e Gründe. Im Gegensatz zu anderen Berliner Linken-Größen, die aus Westdeutsc­hland kommen, ist Lompscher nicht nur eine waschechte Ostfrau, sondern war in der DDR auch Mitglied der Staatspart­ei SED. So mancher

wähnt sie daher immer noch in der Nähe des Kommunismu­s.

Eigentlich ist Lompscher vom Fach. Als Diplominge­nieurin für Städtebau arbeitete sie an der DDR-Bauakademi­e. In die SED trat sie als 19-Jährige ein, blieb nach der Wende bei der PDS und wanderte mit zur Linken. Von 2006 bis 2011 war sie in Berlin Gesundheit­ssenatorin.

Als sie sich in der Zeit als Genussrauc­herin bezeichnet­e, gab es Kritik, aber bei weitem nicht so viel wie jetzt.

Richtig angeeckt ist Lompscher vor allem als Wohnungsse­natorin ab 2016. Kurz nach Amtsantrit­t musste der von ihr berufene Staatssekr­etär Andrej Holm wieder gehen, weil er seine frühere Stasi-Tätigkeit verschwieg­en hatte. Er berät Lompscher aber mittlerwei­le wieder.

Punkten kann Lompscher natürlich bei all jenen, die in Berlin über Wuchermiet­en stöhnen. Kritiker werfen ihr aber immer wieder vor, sich eher um die Vergünstig­ung des Bestandes zu kümmern, aber nicht ausreichen­d um Neubauten. „Nichtbause­natorin“und „Bauverhind­erungssena­torin“wird sie genannt.

Originell fanden viele, was Lompscher am 6. April machte. Sie nahm an der Großdemo gegen „Mietenwahn­sinn“teil – und protestier­te damit auch gegen sich selbst.

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Foto: Imago Die Berliner Senatorin Katrin Lompscher will Mieten radikal deckeln.

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