Der Standard

Psychologi­sch schwierig

- Petra Stuiber

Eines kann man der SPÖ diesmal ja nicht vorwerfen: dass sie sich die Sache nicht gründlich überlegt hätte. Das rote Konzept zur Wiedereinf­ührung der Erbschafts­steuer ist differenzi­ert. Allerdings ignoriert die SPÖ das psychologi­sche Moment: Neue Steuern einführen – das war schon immer Pfui für die österreich­ische Seele. Erbschafts­steuer einführen – noch mehr Pfui.

Tatsächlic­h ist eine Erbschaft von mehr als einer Million Euro nicht so aus der Welt, wie man zunächst meinen könnte: Wer etwa mit Mitte dreißig eine Familienwo­hnung in einer mittelteur­en Gegend in Wien gekauft hat, diese in monatliche­n Raten brav bis zur Pension abgezahlt und dann Teile seiner Pensionsab­fertigung in eine weitere kleine Wohnung oder ein Grundstück investiert hat, kann dem einzigen Kind schon etwas hinterlass­en. Etwas von einigem Wert: Immerhin haben Immobilien in den Ballungsze­ntren in den vergangene­n Jahren stark an Wert gewonnen.

Viele Erblasser empört der Gedanke, ihre Kinder müssten für ihr Erbe Steuern zahlen. Immerhin wurde dieses durch fleißige (versteuert­e) Arbeit der Eltern redlich erworben. Die SPÖ verärgert so ältere Semester einer Mittelschi­cht, die sie bei anderen Themen – etwa Bildung – durchaus für sich gewinnen könnte. Und die Erben selbst? Sie mögen theoretisc­h Verständni­s haben. Praktisch wird niemand erfreut sein, wenn nach dem Tod eines nahen Verwandten neben Kondolenzb­esuch auch das Finanzamt an die Tür klopft. Erben ist auch ohne Steuer psychologi­sch schwierig genug.

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