Psychologisch schwierig
Eines kann man der SPÖ diesmal ja nicht vorwerfen: dass sie sich die Sache nicht gründlich überlegt hätte. Das rote Konzept zur Wiedereinführung der Erbschaftssteuer ist differenziert. Allerdings ignoriert die SPÖ das psychologische Moment: Neue Steuern einführen – das war schon immer Pfui für die österreichische Seele. Erbschaftssteuer einführen – noch mehr Pfui.
Tatsächlich ist eine Erbschaft von mehr als einer Million Euro nicht so aus der Welt, wie man zunächst meinen könnte: Wer etwa mit Mitte dreißig eine Familienwohnung in einer mittelteuren Gegend in Wien gekauft hat, diese in monatlichen Raten brav bis zur Pension abgezahlt und dann Teile seiner Pensionsabfertigung in eine weitere kleine Wohnung oder ein Grundstück investiert hat, kann dem einzigen Kind schon etwas hinterlassen. Etwas von einigem Wert: Immerhin haben Immobilien in den Ballungszentren in den vergangenen Jahren stark an Wert gewonnen.
Viele Erblasser empört der Gedanke, ihre Kinder müssten für ihr Erbe Steuern zahlen. Immerhin wurde dieses durch fleißige (versteuerte) Arbeit der Eltern redlich erworben. Die SPÖ verärgert so ältere Semester einer Mittelschicht, die sie bei anderen Themen – etwa Bildung – durchaus für sich gewinnen könnte. Und die Erben selbst? Sie mögen theoretisch Verständnis haben. Praktisch wird niemand erfreut sein, wenn nach dem Tod eines nahen Verwandten neben Kondolenzbesuch auch das Finanzamt an die Tür klopft. Erben ist auch ohne Steuer psychologisch schwierig genug.