Daumen hoch oder Daumen runter in Rom
Basis der Fünf-Sterne-Bewegung will bei Regierungsbildung in Italien mitreden
Die Spitzen der Fünf-SterneBewegung (M5S) und des Partito Democratico (PD) haben ihre Koalitionsverhandlungen über das Wochenende weitergeführt; sie wären sich eigentlich weitgehend einig. Doch bevor der alte und voraussichtlich neue italienische Ministerpräsident Giuseppe Conte seine Ministerliste
Staatspräsident Sergio Mattarella vorlegen kann, muss noch eine gefährliche Klippe umschifft werden: Die eingetragenen Aktivisten des M5S müssen der Koalition erst via Internetabstimmung ihren Segen erteilen – das sei ein basisdemokratisches Grundprinzip.
„Basis“ist freilich ein irreführender Begriff: Stimmberechtigt beim Internetvotum sind derzeit 115.372 Personen – das entspricht 0,23 Prozent der 49 Millionen Wahlberechtigten in Italien.
Hinzu kommt, dass die Abstimmung nicht etwa auf einer staatlichen, sondern auf der privaten Internetplattform Rousseau des Informatikunternehmens Casaleggio Associati abläuft. Deren Betreiber ist Davide Casaleggio, Sohn des Mitgründers der Protestbewegung Roberto Casaleggio. Rousseau gilt als nicht sicher. Vor einem knappen Jahr ist ein Hacker in die Plattform eingedrungen und hat Mailadressen, Passwörter und Telefonnummern von M5S-Politikchef und Vizepremier Luigi Di Maio sowie von zwei Ministern veröffentlicht.
Die Abstimmungen auf Rousseau gelten auch als manipulierbar: Die Fragen werden zumeist suggestiv gestellt, und das M5SFührungstrio – Gründervater Beppe Grillo, Casaleggio und Di Maio – wirbt intensiv für die jeweils gewünschte Antwort. Selbst überzeugte Grillini kritisieren, dass es nur darum gehe, längst gefällte Beschlüsse bestätigen zu lassen.
Ob die Abstimmung am Montag stattfindet, war bis Sonntagabend (Redaktionsschluss) strittig. Die Basis ist in der Frage der Koalition mit dem PD jedenfalls gespalten.
Wie es bei einem Nein weitergehen würde, ist offen: Mattarella könnte Neuwahlen ausschreiben, aber auch Conte auffordern, im Parlament dennoch die Vertrauensfrage zu stellen. Denn es ist keinesfalls sicher, dass sich die gewählten Fünf-Sterne-Parlamentarier an das Internetverdikt halten würden. Laut Verfassung sind die Senatoren und Abgeordneten in ihren Entscheidungen frei und nur ihrem Gewissen (und nicht einer Parteiorder) verpflichtet.
Absurde Situation
Nicht wenige M5S-Parlamentarier fänden es reichlich absurd, zwei Wochen lang mit Mattarella Sondierungsgespräche und dann mit dem PD Koalitionsverhandlungen zu führen, um dann die Bildung einer Regierung wegen der Internetabstimmung einer Handvoll Anhänger platzen zu lassen – und bei Neuwahlen den eigenen Sitz zu verlieren.
Conte lässt sich jedenfalls nicht aus der Ruhe bringen: Er will die Koalitionsverhandlungen spätestens bis Mittwoch abschließen.