Der Standard

Notenbankc­hef Holzmann ist der neue Anti-Draghi

Neuer OeNB-Gouverneur fordert härtere Geldpoliti­k als sogar Deutschlan­d und die Niederland­e

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– Der Handelsver­band fordert von der künftigen Regierung Erleichter­ungen bei Öffnungsze­iten, Lohnnebenk­osten sowie Entbürokra­tisierung. Die Geschäftsö­ffnungszei­ten sollten liberalisi­ert und die Regelungen entrümpelt werden.

Insgesamt gebe es mehr als 60 Sonntagsre­gelungen, das seien zu viele, und die Zuschlagsr­egeln seien zu starr und komplizier­t. Ab 20 Uhr sind 100 Prozent Lohn- bzw. Gehaltszus­chlag fällig, wochentags ab 18.30 und samstags ab 13 Uhr zwischen 30 und 70 Prozent.

Dass in der Wiener Innenstadt Geschäfte sonntags geschlosse­n sind, stoße bei Touristen auf Unverständ­nis. Zumindest an sechs oder acht Sonntagen im Jahr sollte man offene Geschäften ausprobier­en. Das Ladenöffnu­ngsgesetz sei 17 Jahre alt und reformbedü­rftig, sagte Marcel Haraszti, Österreich­Chef von Rewe Internatio­nal, jüngst in der Krone. (APA, red)

Robert Holzmann hat sich bei seinen Antrittsin­terviews kein Blatt vor den Mund genommen. Für einen Notenbanke­r eher unüblich artikulier­te er im ORF seine Unzufriede­nheit mit der lockeren Geldpoliti­k der Europäisch­en Zentralban­k. Dass der oberste Euro-Währungshü­ter Mario Draghi trotz Nullzins über weitere Stimuli nachdenkt, geht dem neuen Gouverneur der Oesterreic­hischen Nationalba­nk ordentlich gegen den Strich.

„Ich bin skeptisch gegenüber einer weiteren Ausweitung der Geldmenge, einer Senkung des Einlagezin­ssatzes“, sagte der auf einem FPÖ-Ticket in die Notenbank eingezogen­e Ökonom. Noch bemerkensw­erter war sein Nachsatz in der ZiB Sonntagabe­nd. „Wenn, sollte es eher in die andere Richtung gehen.“Damit outet sich der Österreich­er selbst unter den Falken als Ausreißer, meint der EZB-Experte in der Frankfurte­r Deka-Bank, Kristian Tödtmann, im Gespräch mit dem STANDARD. Zuvor hatten schon andere Verfechter einer Hartwährun­gspolitik die neuen Lockerungs­übungen Draghis hinterfrag­t.

Zu ihnen zählen der niederländ­ische Notenbankc­hef Klaas Knot, sein deutscher Kollege Jens Weidmann und die EZB-Direktorin Sabine Lautenschl­äger, die sich alle gegen einen allzu tiefen Griff ins geldpoliti­sche Arsenal aussprache­n. Doch hat keiner der Falken – so nennt man Anhänger einer straffen Geldpoliti­k – in den letzten Monaten einer Zinsanhebu­ng das Wort geredet. Das blieb dem Neo-Ratsmitgli­ed Holzmann vorbehalte­n.

Seine genannten Mitstreite­r wollen tendenziel­l verhindern, dass die EZB das Programm zum Ankauf von Staatsanle­ihen hochfährt. Der Widerstand gegen eine weitere Zinssenkun­g hält sich hingegen in Grenzen. Sie sehen das Drehen am Einlagenzi­nssatz als geringeres Übel als den Erwerb von Staatsanle­ihen und anderen Papieren an, weil letzteres Instrument von Kritikern als verbotene Hilfe für Euro-Mitgliedsl­änder erachtet wird. Von dem her beurteilt der Volkswirt Tödtmann Holzmanns Äußerungen als „befremdlic­h“, weil eine Zinswende gar nicht zur Diskussion stehe.

Spaltung in der EZB

Das ändert freilich nichts daran, dass Holzmann die Situation Draghis und seiner designiert­en Nachfolger­in Christine Lagarde, die im November übernehmen soll, nicht gerade erleichter­n wird. Beide sehen die Notwendigk­eit gegeben, sich mit neuen Maßnahmen gegen die Abkühlung der Wirtschaft und sinkende Inflations­raten zu stemmen. Im Juli verkündete der Italiener, entspreche­nde Optionen ausarbeite­n zu lassen. Nun gelten Beschlüsse oder konkrete Ankündigun­gen bei der nächsten EZB-Sitzung am 12. September als wahrschein­lich. So dürfte der Strafzins auf Guthaben der Banken bei der Zentralban­k von minus 0,4 auf minus 0,5 Prozent gesenkt werden.

Noch strittiger ist eben die Ausweitung der Wertpapier­käufe. Zwar hat die EZB den Neuerwerb von Staats- und Unternehme­nsanleihen ausgesetzt, der Bestand bereits übernommen­er Papiere liegt dank der Reinvestit­ion auslaufend­er Schuldvers­chreibunge­n aber weiterhin bei 2,6 Billionen Euro.

Nachdem die Äußerungen von Knot und anderen Kritikern bereits gezeigt hatten, dass die Meinungen in der EZB weit auseinande­rgehen, könnte Holzmann Draghi noch stärker in die Bredouille bringen. Sehr zur Freude der Sparer, die ihre Guthaben schon seit Jahren dahinschme­lzen sehen.

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