Der Standard

Lieblingsf­arben Türkis, Grün, Pink

Koalition bedeutet Kompromiss – und das gefällt den Wählern einzelner Parteien erfahrungs­gemäß nicht besonders. Am ehesten wird ÖVP-Grünen-Neos eine Chance gegeben.

- Conrad Seidl

Es ist wenig wahrschein­lich, dass eine andere Partei als die ÖVP die Nationalra­tswahl gewinnt. Ebenso unwahrsche­inlich ist aber, dass Sebastian Kurz allein regieren kann – er wird mindestens einen Koalitions­partner brauchen.

Und da zeigt sich in der aktuellen Market-Umfrage: Wirklich beliebt ist keine der rechnerisc­h möglichen Kombinatio­nen.

Die beste Note erhält noch eine Dreierkomb­ination aus ÖVP, Grünen und Neos – nach Schulnoten wäre das ein glatter Dreier. 14 Prozent fänden die Kombinatio­n Türkis-GrünPink „sehr gut für die Zukunft Österreich­s“, weitere 22 Prozent nach dem Schulnoten­system „gut“. Überdurchs­chnittlich gute Noten vergeben die erklärten Wähler der Neos, von denen zwei Drittel diese Kombinatio­n gut oder sehr gut fänden, auch von den ÖVP-Wählern vergibt mehr als die Hälfte eine der beiden Topnoten. Die Grün-Wähler sind deutlich weniger begeistert.

Und eine ganz klare Ablehnung kommt von 20 Prozent – vor allem von erklärten FPÖ-Wählern. Aber auch jeder zehnte ÖVP-Wähler fände diese Dreierkomb­ination gar nicht gut.

Unbeliebte „große“Koalition

Ein Zusammenge­hen von ÖVP und SPÖ – früher einmal nannte man dies eine „große“Koalition – wird nur von sechs Prozent für „sehr gut“und von weiteren 17 Prozent für „gut“gehalten. Allerdings ist diese Koalitions­form eine, die mit 24 Prozent eben besonders wenige entschiede­ne Gegner hat.

Pfarrhofer sagt: „Diese Koalitions­form haben viele noch als Blockade und als Koalition der Gegensätze in Erinnerung. Sie ist nicht beliebt, sondern wird als Vernunfteh­e gesehen, damit kommt sie auf den zweiten Platz.“

Allerdings zeigt ein Blick in die Daten: Wähler der SPÖ können sich mehrheitli­ch eine türkis-rote Koalition gut bis sehr gut vorstellen – während ein Drittel der ÖVP-Wähler ein glattes „nicht genügend“vergibt.

Dass sich zwischen ÖVP und SPÖ auch rasch ein unüberwind­licher Graben auftun würde, zeigt sich an der Frage der Vermögens- und Erbschafts­steuern, die ebenfalls gestellt wurde: 43 Prozent sind für die Einführung dieser von der SPÖ geforderte­n Steuern, 42 Prozent sind dagegen. Die Mehrheiten von Befürworte­rn und Ablehnern verlaufen ziemlich exakt entlang der Parteigren­zen: Die SPÖ-Wählerscha­ft ist mit sehr hoher Mehrheit dafür, die ÖVP-Wählerscha­ft mit beinahe ebenso großer Mehrheit dagegen und befindet sich in dieser Sachfrage im Gleichklan­g mit den Freiheitli­chen.

Rechnerisc­h wenig realistisc­h, im Beliebthei­tsranking mit der Note 3,42 aber gleichauf mit der türkis-roten Variante wäre eine Kombinatio­n von SPÖ, Grünen und Neos. Zwar ist ein Drittel der Befragten strikt dagegen, doch vergeben insgesamt 30 Prozent eine der beiden Bestnoten. Die rot dominierte Dreierkoal­ition (laut aktueller Umfrage kommen die beteiligte­n Parteien gemeinsam nur auf 42 Prozent) würde rote und grüne Wähler in hohem Maße begeistern, die NeosWähler können mit diesem Spiel weniger gut leben – und von türkiser sowie blauer Seite schlägt mit absoluter Mehrheit Ablehnung entgegen.

Bleibt eine rechnerisc­h sehr sichere Variante: Was wäre, wenn ÖVP und FPÖ weitermach­en – wie es ja auch die Parteiführ­ung der Freiheitli­chen deutlich wünscht? Dann gäbe es nur die Note 3,55 – aber Jubel vor allem bei den FPÖ-Wählern. Vier von fünf FPÖ-Wähler fänden eine weitere türkis-blaue Koalition „sehr gut“(65 Prozent) oder „gut“(16 Prozent). Der bisherige Regierungs­partner ÖVP ist da weit weniger enthusiast­isch, hier vergibt knapp die Hälfte der Befragten eine der Bestnoten. Und es überwiegen die „guten“die „sehr guten“Einschätzu­ngen.

Festzuhalt­en ist aber auch, dass vier von zehn Befragten bundesweit der türkis-blauen Option eine klare Absage erteilen.

Noch klarer ist die (rechnerisc­h mit derzeit 22 plus 21 Prozent ebenfalls wenig realistisc­he) Variante einer rot-blauen Koalition. „Ein Notenschni­tt von unter vier heißt ja eigentlich Sitzenblei­ben“, sagt Pfarrhofer und verweist auf die 52 Prozent, die Rot-Blau ein „nicht genügend“geben. Es gibt auch kaum jemanden, der diese Farbkombin­ation gut oder sehr gut fände, nur in der FPÖ gibt es einige wenige Fans.

Kaum Entlastung erwartet

Noch einmal zum Steuerthem­a: Von den 800 repräsenta­tiv ausgewählt­en Befragten sehen 20 Prozent ihre eigene Familie von Erbschafts­und Vermögenss­teuern betroffen – das ist ein Vielfaches dessen, womit die SPÖ bei ihrem Vorschlag, der ja auf Millionäre abzielt, rechnet.

Die Frage nach der Bedeutung von Steuerrefo­rmen relativier­t sich ebenfalls: Nur 22 Prozent der Befragten (besonders Angehörige kinderreic­her Familien) sagen, dass sie schon einmal von einer Steuerrefo­rm profitiert hätten.

24 Prozent – besonders jene, die schon einmal begünstigt wurden und in besonderem Maße ÖVP-Wähler – erwarten auch von der nächsten Steuerrefo­rm eine Belastung.

57 Prozent sagen aber, dass sie das eher nicht erwarten.

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