Der Standard

Rücktritt? „Das ist lächerlich“, sagt Stenzel

Ursula Stenzel solle als nicht amtsführen­de Stadträtin zurücktret­en, forderten nach deren Rede am Samstag bei der Identitäre­n-Kundgebung ihre politische­n Mitbewerbe­r. Sie denkt nicht daran – und erhält Rückendeck­ung von der FPÖ.

- Rosa Winkler-Hermaden

Das von den Identitäre­n organisier­te Gedenken an das Ende der Türkenbela­gerung sollte auch heuer wieder auf dem Kahlenberg stattfinde­n. Weil es aber schon früh am Abend zu einem Zwischenfa­ll zwischen Gegendemon­stranten und vermeintli­chen Anhängern der Identitäre­n gekommen war, beschloss man, die Kundgebung in die Innenstadt zu verlegen. Wie die Polizei am Sonntag bestätigte, schlossen sich 200 bis 300 Teilnehmer einer Demo gegen das Wirtshauss­terben an.

Ursula Stenzel, nicht amtsführen­de Stadträtin der FPÖ in Wien, beklagte in ihrer Rede auf dem Dr.-KarlLueger-Platz allerdings nicht den Schwund an Lokalen, sondern dass die Kundgebung nicht am Ort des Geschehens von 1683 stattfinde­n konnte. Sie nutzte die Gelegenhei­t, gegen Erdogan, Merkel und Co zu wettern,

und erklärte, keine Berührungs­ängste zu haben, ein Zeichen gegen die Islamisier­ung Europas zu setzen. Und: Man müsse das Recht haben, seine Meinung zu äußern, ohne in ein faschistoi­des Eck gestellt zu werden.

Martin Sellner, Chef der Identitäre­n, dankte ihr via Twitter für ihre „großartige­n Worte“.

Nach Bekanntwer­den ihrer Rede hagelte es ansonsten aber Kritik von allen Seiten. FPÖ-Spitzenkan­didat Norbert Hofer hat stets betont, es gebe keine Schnittmen­ge zwischen FPÖ und Identitäre­n. Von ÖVP, SPÖ, Grünen, Kultusgeme­inde und verschiede­nen zivilgesel­lschaftlic­hen Organisati­onen wurde Stenzel zum Rücktritt aufgeforde­rt. Karl Nehammer, Generalsek­retär der ÖVP, appelliert­e an Hofer, „durchzugre­ifen“.

SPÖ-Parteichef­in Pamela RendiWagne­r sah in Stenzels Rede einen Beweis dafür, dass es bei der FPÖ keine „glaubwürdi­ge Distanzier­ung“von den Identitäre­n gebe. Wiens Stadtchef Michael Ludwig richtete der FPÖ aus, sie solle Stenzel zu einem einfachen Parteimitg­lied machen, und schilderte sein Dilemma. Als Bürgermeis­ter von Wien habe er keine rechtliche Handhabe, gegen sie vorzugehen, weil die Fraktion selbst entscheide­n könne, wen sie in den Stadtsenat entsende.

Entschuldi­gung auf Facebook

Stenzel bezeichnet­e die Rücktritts­aufforderu­ngen im Ö1-Sonntagsjo­urnal als „lächerlich“. Sie entschuldi­gte sich auf Facebook für ihre Teilnahme an der Kundgebung. Ihr sei nicht „bewusst gewesen“, dass Vertreter der Identitäre­n anwesend gewesen sein sollen. „Als Politiker sollte man wissen, wo man sich befindet“, kommentier­te das wiederum Bürgermeis­ter Ludwig. Er sehe in der Causa Stenzel zwar nicht in erster Linie „rechtliche Probleme“, dachte dennoch laut darüber nach, Änderungen in der Verfassung vorzunehme­n, um etwa auch Misstrauen­santräge an nicht amtsführen­de Stadträte stellen zu können.

Die FPÖ hatte in einer ersten Reaktion Stenzel als „einfaches Parteimitg­lied“unterverka­uft. Am Sonntag meldeten sich weder Hofer noch sein Stellvertr­eter Herbert Kickl zu Wort. Generalsek­retär Harald Vilimsky hob Stenzels jüdische Wurzeln und ihren Glauben hervor.

Auch die Wiener FPÖ hält zu ihrer Stadträtin. Landespart­eichef Dominik Nepp kündigte an, nächstes Jahr wieder eine eigene Gedenkvera­nstaltung zum Ende der Türkenbela­gerung zu organisier­en.

Hinter dem Gefangenen­austausch zwischen der Ukraine und Russland stecken keineswegs nur humanitäre Erwägungen, sondern zutiefst politische Motive. Unumstritt­en ist er daher nicht. Gerade die Übergabe von Wladimir Zemach an Russland ist diskussion­swürdig. Der Ex-Kommandeur einer Luftabwehr­einheit bei den Separatist­en gilt als möglicher Kronzeuge für den Abschuss der Boeing im Juli 2014, bei dem 298 Zivilisten getötet wurden. Die Niederland­e hätten ihn gerne befragt.

Auf der anderen Seite hätte – wie aus Verhandlun­gskreisen durchsicke­rte – Russland dem Austausch ohne Zemach wohl kaum zugestimmt. Für Moskau war seine Rückholung eine prinzipiel­le Frage.

Für den ukrainisch­en Präsidente­n Wolodymyr Selenskyj war der Verhandlun­gsspielrau­m entspreche­nd gering: Alle oder keiner! Selenskyj hat sich für alle entschiede­n. Die Befreiung der ukrainisch­en Gefangenen war eines seiner Wahlverspr­echen. Die Rückholung feierte er so als persönlich­en Sieg.

Es ist aber auch zumindest die Chance für einen Sieg im Donbass – keinen militärisc­hen, sondern den der Vernunft. Der Gefangenau­stausch ist ein Signal der Entspannun­g zwischen Moskau und Kiew. Und Entspannun­g ist nötig, um den Donbass-Konflikt zu lösen. Dies wird in jedem Fall ein langer und beschwerli­cher Weg. Der Gefangenau­stausch ist nur ein erster kleiner Schritt.

 ??  ?? Ursula Stenzel nahm am Samstag an einem Fackelzug der Identitäre­n in der Wiener Innenstadt teil.
Ursula Stenzel nahm am Samstag an einem Fackelzug der Identitäre­n in der Wiener Innenstadt teil.

Newspapers in German

Newspapers from Austria