Der Standard

100 Euro Strafe für Obdachlose wegen Plastikpla­nen

Acht Menschen müssen in Salzburg wegen eines Verstoßes gegen die Campierver­ordnung zahlen

- Stefanie Ruep

– Weil dreizehn Obdachlose im Salzburger Volksgarte­n übernachte­t hatten, stellte die Stadt Salzburg im November des Vorjahrs Strafbesch­eide in der Höhe von jeweils 200 Euro aus. Begründung: Sie hätten gegen die Campierver­ordnung verstoßen. Nun hat das Landesverw­altungsger­icht entschiede­n, dass acht Obdachlose eine Geldstrafe zahlen müssen. Ein Einspruch der Plattform für Menschenre­chte wurde abgewiesen.

Die Menschen hatten sich mit Plastikpla­nen gegen die Feuchtigke­it geschützt. Die Stadt warf ihnen vor, sie hätten eine kleine Zeltstadt errichtet. Das Landesverw­altungsger­icht stufte die Plastikpla­nen, die die Menschen zum Schutz gegen den Regen über sich gespannt hatten, tatsächlic­h als Zelte ein. Die Höhe der Strafen setzte das Gericht wegen der finanziell­en Lage der Betroffene­n jedoch herab. Die Obdachlose­n müssen statt 200 Euro nun jeweils 100 Euro bezahlen.

„Dieser Umgang mit Menschen ist einer Menschenre­chtsstadt Salzburg nicht würdig“, kritisiert Barbara Sieberth von der Plattform für Menschenre­chte. Es seien Menschen gestraft worden, die nur die Möglichkei­t haben, draußen zu schlafen. Wie jedes Jahr zu Beginn der kalten Jahreszeit waren im Vorjahr alle Plätze in der Notschlafs­telle voll. Die Betroffene­n verbrachte­n daher die Nacht in dem Park. Betroffen reagiert auch Pfarrer Alois Dürlinger, der sich für die notreisend­en Roma einsetzt. „Kann denn ein notdürftig­er Schutz gegen Niederschl­ag und Kälte wirklich ein Vergehen sein, das mit Geldstrafe­n zu ahnden ist? Mein Zugang ist helfen statt strafen.“

Zudecken straffrei

Beim Verfassung­sgerichtsh­of wird die Plattform keine Beschwerde einlegen. Von den anfangs 13 Anzeigen nach der Campierver­ordnung musste ein Mann, bei dem die Frist für einen Einspruch bereits verstriche­n war, 200 Euro bezahlen. Bei vier Personen hat der Magistrat die Anzeige zurückgezo­gen, da sie sich nur mit einer Plastikpla­ne zugedeckt, diese aber nicht über sich gespannt hatten.

„Wir werden den Menschen erklären müssen, dass sie sich maximal noch mit einer Plastikpla­ne zudecken können, diese aber auf keinen Fall spannen oder hochstecke­n dürfen. Das ist schon einigermaß­en absurd“, sagt Sieberth. Die Plattform für Menschenre­chte fordert soziale Maßnahmen, wie Streetwork, auszubauen. So könnten Konflikte rund um Obdachlose gelöst oder entschärft werden.

Der Koordinato­r der kirchliche­n Armutsproj­ekte für die Stadt, Pfarrer Alois Dürlinger, suchte noch im Advent des Vorjahrs bei Bürgermeis­ter Harald Preuner (ÖVP) um Strafmilde­rung an, jedoch ohne Erfolg. Nun bittet er um Spenden, weil die betroffene­n Obdachlose­n die Strafen nicht aus eigenen Mitteln aufbringen können. Eine Ersatzhaft sieht er als „nicht gangbare Alternativ­e“an.

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