MUSIKTHEATERTAGE IM WIENER WUK
Kaum ein an Kultur interessierter Mensch kennt das Wiener Wuk nicht, aber kaum einer kennt das Wuk ganz. Mit den vielen dort ansässigen Kulturinstitutionen, Räumen und Werkstätten ist es der ideale Austragungsort für die Musiktheatertage, die diesen Standort heuer zum ersten Mal bespielen. Gleich in der Eröffnungsproduktion macht man sich die verwinkelte Architektur zunutze. Kleine
Musiktheater-Interventionen sollen die Besucher regelrecht überfallen: im Hof, im Foyer und vielleicht sogar im Klo.
Nach einer halben Stunde ist es auch wieder vorbei, und die nächste Arbeit, die auf Dezentralisierung setzt, beginnt: Sound
Cloud ist eine zehnminütige Komposition für einen Chor, die sich wohl – so genau soll man es vorab nicht wissen – aus verschiedenen Richtungen über den ganzen Hof legt. Formfreiheit lautet das Stichwort, das sich das Festival für zukunftsorientierte musikdramatische Projekte, seit 2014 auf die Fahnen geschrieben hat.
Im aktuellen Jahr wird es unter dem Motto „Mythos Zivilisation“ausgetragen. In der Uraufführung
Lies of Civilisation untersuchen zum Beispiel vier Komponistinnen (Malte Giesen, Øyvind Maeland, Natalia Domínguez und Yiran Zhao) in vier Stücken vier Zivilisationslügen.
Die „Opera dystopa“Gaz beschäftigt sich mit einer entfernten Zukunft, in der die einzige Gasfabrik, die Energie für die gesamte Weltbevölkerung produziert, explodiert. Der Regisseurin Virlana Tkacz und die ukrainischen Komponisten Roman Grygoriv und Illia Razumeiko mischen dazu Minimal-Elektro und Fragmente von BelcantoArien – die Vokalisten werden kurzerhand in den stählernen Bühnenkäfig gesperrt.
Die Choreografin Anna Knapp und die Sound-Artistin Angélica Castelló treiben in De*Civilize
Me! die „Entzivilisierung“des Körpers voran. (abs) Termine: Musiktheatertage, Wuk, 9., Währinger Straße 59, von 12. bis 21. September 2019