Der Standard

Unsumme für Abschiebun­g

In Bad Aussee war sie integriert und beliebt, dennoch wurde sie nach Ulan-Bator gebracht. Jetzt hat das Asylamt einer fünfköpfig­en mongolisch­en Familie eine hohe Abschieber­echnung geschickt.

- Irene Brickner

Eine mongolisch­e Familie muss ihre Abschiebun­g selbst bezahlen. Die Rechnung betrug 20.000 Euro.

Genau 19.998,59 Euro – eine vom Bundesamt für Fremdenwes­en und Asyl (BFA) Graz ausgestell­te Rechnung über diese stattliche Summe erhielt Elisabeth Welzig in den ersten Septembert­agen. Welzig, grüne Gemeinderä­tin in Bad Aussee, ist Zustellung­sbevollmäc­htigte einer mongolisch­en Familie, die – wie

der STANDARD berichtete – fast fünf Jahre lang in der steirische­n Kurstadt lebte, dort gut integriert und höchst beliebt war.

Ungeachtet dessen wurden die fünf – Vater, Mutter und drei Kinder, das jüngste davon zehn Monate alt und in Bad Ischl geboren – am 30. August von Wien via Istanbul in die mongolisch­e Hauptstadt Ulan-Bator geflogen. Appelle an Innenminis­ter Wolfgang Peschorn, zu ermögliche­n, dass die im Asylverfah­ren abgelehnte Familie den Ausgang ihres seit Ende Juni laufenden Bleiberech­tsverfahre­ns in Österreich abwarten könne, verhallten folgenlos. Über den Bleiberech­tsantrag wird nun in Abwesenhei­t der Familie entschiede­n, und zwar höchstwahr­scheinlich negativ, wie in Fällen vollzogene­r Abschiebun­g meist.

Bar oder Überweisun­g

Für die Abschiebun­g soll die mongolisch­e Familie bezahlen, bar beim BFA Graz oder aber auf ein Konto des Innenminis­teriums: für die Ausgaben, die der Republik Österreich laut oben genanntem BFABeschei­d für die Abschiebun­g entstanden sind. Die „Flugkosten der Verfahrens­parteien“, sprich der Eltern, drei Kinder, einer Ärztin sowie „einer Eskorte“. Laut Schilderun­gen des abgeschobe­nen Vaters bestand diese aus Polizisten, die, so wie auch die Ärztin, tatenlos in den benutzten Linienflie­gern saßen und bei der Passkontro­lle in Ulan-Bator kehrtmacht­en.

Bezahlen kann die Familie die 19.998,59 Euro nicht. Derzeit lebt sie in einer 54-Quadratmet­er-Wohnung in einem Neubauvier­tel Ulan-Bators, die sie mit Geld von Unterstütz­ern in Bad Aussee mieten konnte. Laut Welzig hat der Vater seine beiden älteren Söhne, die in Österreich auf Deutsch Lesen und Schreiben gelernt haben, bereits in Schulen angemeldet. Sie müssen sich nun das kyrillisch­e Alphabet aneignen. Er selber besucht einen Kochkurs.

Gesetzlich so vorgesehen

Warum schreibt der österreich­ische Staat abgeschobe­nen Ausländern derart hohe Summen vor – wissend, dass das Geld wohl nicht einzutreib­en sein wird? Im Innenminis­terium verweist ein Sprecher auf Paragraf 53 des BFA-Verfahrens­gesetzes: „Kosten, die bei der Durchsetzu­ng einer aufenthalt­sbeendende­n Maßnahme entstehen“sowie verfahrens­gebundene Dolmetsche­rkosten „sind von dem Fremden zu ersetzen“, heißt es da. Abgeschobe­ne Personen, so der Sprecher, seien also zum Zahlen verpflicht­et. Um ihre Abschiebun­g zu vermeiden, hätten sie ja auch freiwillig zurückkehr­en können.

Hier relativier­t der u. a. auf Asylfälle spezialisi­erte Anwalt Christian Schmaus, der – von den Bad Ausseer Unterstütz­ern beauftragt – derzeit an einer Vorstellun­g gegen den Kostenbesc­heid arbeitet und Möglichkei­ten einer legalen Wiedereinr­eise ausloten soll: Derartige Bescheide seien bisher „nur in Ausnahmefä­llen“erlassen worden.

Für Ausländer, die versuchen, auf legalem Weg wieder nach Österreich einzureise­n, seien sie jedoch eine schwere Hypothek: „Dann wartet in Österreich ein Schuldenbe­rg auf sie.“Ihre angesichts der hohen Anforderun­gen ohnehin geringe Chance, einen Aufenthalt­stitel zu erhalten, werde dadurch zusätzlich erschwert.

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Von Bad Aussee nach Ulan-Bator: Dort lebt die abgeschobe­ne Familie in einer von Unterstütz­ern bezahlten 54-Quadratmet­er-Mietwohnun­g.

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