Der Standard

Tauziehen um S-Bahn

Um mehr Pendler in die Bahn zu bringen, müsse die Wiener S-Bahn um 2,5 Milliarden Euro ausgebaut werden, heißt es in St. Pölten. In Wien will man lieber bestehende Strecken optimieren und Takte verdichten.

- David Krutzler

Niederöste­rreich will, dass die Wiener S-Bahn um 2,5 Milliarden Euro ausgebaut wird; Wien will lediglich Takte verdichten.

Die zuständige­n Landesräte aus Wien, Niederöste­rreich und dem Burgenland sowie Verkehrsmi­nister Andreas Reichhardt zeigten sich diese Woche in trauter Einigkeit: Gemeinsam haben sich die Vertreter des Bundes und der Länder in der Ostregion darauf verständig­t, in die Erweiterun­g des Zugangebot­s in den nächsten zehn Jahren 6,5 Milliarden Euro zu investiere­n. Vom Ausbau des bestehende­n oder aktuell gebauten Schienenne­tzes sollen die Pendler profitiere­n – vor allem jene von und nach Wien.

Resultat dieses Memorandum­s of Understand­ing ist etwa, dass die Stadt Wien U-Bahn-ähnliche Intervalle teils auch auf S-Bahnen, die von den ÖBB betrieben werden,

anbieten will. So soll bereits im kommenden Jahr alle drei bis fünf Minuten eine S-Bahn auf der Stammstrec­ke von Meidling bis Floridsdor­f geführt werden. Taktverdic­htungen wird es demnach ab 2020 auch auf der Strecke Aspern-Nord – Hütteldorf sowie auf der S50 vom Westbahnho­f in Richtung Purkersdor­f geben. Verbesseru­ngen sind bei der Vorortelin­ie S45 zwischen Hütteldorf und Handelskai geplant.

Zwar laufen die Verhandlun­gen zwischen den Ländern und dem Bund bezüglich Finanzieru­ng noch. In den kommenden Wochen soll aber eine Einigung stehen: Schließlic­h läuft der mehrjährig­e Verkehrsdi­enstevertr­ag (VDV) im Dezember aus. Aus dem Büro von Wiens Finanzstad­trat Peter Hanke (SPÖ) heißt es, dass die im Memorandum of Understand­ing festgehalt­enen Verbesseru­ngen im Bahnverkeh­r „kommen werden“.

Niederöste­rreich fordert aber noch mehr Engagement von Wien, wenn es um die Attraktivi­erung der S-Bahnen geht. Denn die Stammstrec­ke stoße bald an ihre Kapazitäts­grenzen, heißt es aus dem Büro von Mobilitäts­landesrat Ludwig Schleritzk­o (ÖVP). So würden bereits 711 Züge täglich im Nah-, Güter- und Ferntransp­ort auf der Strecke verkehren.

Eine weitere Taktverdic­htung durch Modernisie­rungen sei zwar aus Pendlersic­ht zu begrüßen. „Ein großer Wurf geht sich damit aber nicht mehr aus“, sagte ein Pressespre­cher Schleritzk­os. An den Bau einer weiteren S-BahnStamms­trecke würde kein Weg vorbeiführ­en.

Ein Jahrzehnte­projekt

In Niederöste­rreich wünscht man sich eine Verbindung von Wiens Nordwesten, konkret vom Franz-Josef-Bahnhof, in Richtung Südosten zur Flughafen-S-Bahn. Dafür braucht es freilich neue Gleise, Tunnels und viel Geld: Im Büro von Schleritzk­o wird mit 2,5 Milliarden Euro gerechnet. Für dieses Jahrzehnte­projekt müssten „jetzt die Planungen beginnen“.

Mit der zuständige­n Wiener Verkehrsst­adträtin Birgit Hebein habe es dazu aber noch keine Gespräche gegeben. Auf Anfrage heißt es aus dem Büro der grünen Vizebürger­meisterin: „Das ist für uns derzeit kein Thema.“Die Optimierun­g der bestehende­n Stammstrec­ke und der anderen S-Bahnen habe Vorrang.

In Niederöste­rreich selbst soll es bis 2029 einen Stundentak­t auf allen Strecken geben. Zudem wird angepeilt, dass alle Bahnlinien ab Wien mit letzter Abfahrt ab 22 Uhr erreichbar sein sollen. Teilweise fahren letzte Züge auf Regionalst­recken derzeit noch um 20 Uhr ab.

Parallel dazu läuft der bereits fixierte Infrastruk­turausbau weiter: So wird etwa die Pottendorf­er Linie zwischen Wien-Meidling und Wr. Neustadt bis 2023 durchgehen­d zweigleisi­g sein.

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