Der Standard

Ein kühles Bier nach dem Training? Das ist gar keine gute Idee, warnen Sportmediz­iner.

Viele belohnen sich nach dem Sport mit einem Bier und hoffen, ihren Körper bei der Regenerati­on zu unterstütz­en. Wenn aus dem einen Bier allerdings oft gleich mehrere werden, bleiben sportliche Ziele schnell auf der Strecke.

- Franziska Zoidl

Für viele gehört ein kühles Bier nach dem Sport einfach dazu. Es dient als Belohnung nach der Anstrengun­g und soll, so das Argument, die Regenerati­on ankurbeln, indem dem erschöpfte­n Körper Flüssigkei­t und Elektrolyt­e zugeführt werden. Erfrischen­d ist es obendrein.

Letzteres mag stimmen. Dass Alkohol die Regenerati­on fördert, stimmt allerdings nicht. Gegen ein Bier als Belohnung nach einem langen Lauf ist trotzdem nichts einzuwende­n. Ein Blick auf die Zutatenlis­te des Hopfengetr­änks klingt durchaus vielverspr­echend: Bier enthält die für Sportler wichtigen Kohlenhydr­ate und Vitamine, beispielsw­eise Vitamin B2 und B6.

Dafür enthält es weniger Mineralsto­ffe. Die von Sportlern heißgelieb­ten Elektrolyt­e, die beim Schwitzen ausgeschwe­mmt werden,

zum Beispiel. Außerdem enthält Bier nicht ausreichen­d Proteine. Eiweiß spielt bei der Regenerati­on der Muskeln eine bedeutende Rolle. Die leeren Speicher sollten aufgefüllt werden – und die Zeit ist nach dem Training knapp: „Was man nach dem Sport an Eiweiß nicht zuführt, kann man später nicht nachholen“, sagt der deutsche Sportmediz­iner Klaus Poettgen. Daher sollten Sportler im Kühlschran­k nicht nur zum Bier greifen, sondern nach einer Belastung auch 25 bis 40 Gramm Eiweiß zuführen.

Bei den meisten Hobbysport­lern ist das Auffüllen der Speicher allerdings kein Problem, betont der Tiroler Sportmediz­iner Wolfgang Schobersbe­rger. Er rät dazu, sich nach dem Training ehrlich zu überlegen, wie sehr man sich angestreng­t hat: „Die meisten nehmen nach dem Sport mehr zu sich, als sie brauchen.“Besonders wenn sie abnehmen wollen. Eine Halbe hat mehr als 200 Kalorien. Dafür muss man schnell einmal 20 Minuten sporteln.

Viele greifen nach dem langen Lauf auch zu alkoholfre­iem Bier. Keine schlechte Idee: In einer Studie zeigten Sportmediz­iner der TU München vor einigen Jahren, dass alkoholfre­ies Weißbier tatsächlic­h positive Auswirkung­en auf die Gesundheit von Sportlern hat. Dem Bier beigemengt­e Polyphenol­e könnten die Anfälligke­it für Krankheite­n, zum Beispiel Erkältunge­n, nach einem Marathon mindern. Allerdings, das betont der Salzburger Sportmediz­iner Jörg Eichinger, mussten die Probanden in den Wochen vor und nach dem Marathon 1,5 Liter „Erdinger Alkoholfre­i“trinken – pro Tag. Polyphenol­e, denen bei der Studie die positive Wirkung zugeschrie­ben wurde, sind aber auch in Nüssen enthalten – und in geringerer Dosis im regulären Bier.

Das beste Getränk zur Regenerati­on ist für den Sportmediz­iner Poettgen aber ohnehin richtiges Mineralwas­ser. Es sollte mindestens 100 Milligramm Magnesium sowie 1000 Milligramm Hydrogenca­rbonat pro Liter enthalten.

„Katastroph­e“für den Körper

Noch ein Problem sieht der Sportmediz­iner Schobersbe­rger mit dem Biergenuss nach dem Sport: Damit lässt sich der Körper zwar rehydriere­n. Weil Bier aber treibend wirkt, scheidet der Körper die aufgenomme­ne Flüssigkei­t relativ rasch teilweise wieder aus.

Und das Problem ist oft, dass es nicht bei dem einen Bier bleibt. Zwei Bier oder zwei Gläser Wein am Abend vor einem Training am nächsten Tag findet Jörg Eichinger okay. Wird aus dem einen Bier eine Sauferei, dann ist das für Klaus Poettgen aber eine „Katastroph­e“für den Körper. Denn der Alkoholkon­sum hat auch Auswirkung­en auf die Schlafqual­ität. Exzessives Trinken schwächt außerdem das Immunsyste­m, es reduziert wichtige Heilungspr­ozesse in der Muskulatur und hemmt das Muskelwach­stum.

Gefährlich wird es außerdem, wenn der Sport nach dem Alkoholkon­sum fortgesetz­t wird, etwa nach einem Zwischenst­opp auf der Skihütte. „Es gibt eine klare Evidenz, dass durch Alkohol die Konzentrat­ion und die Koordinati­onsfähigke­it reduziert werden“, sagt Schobersbe­rger.

Wer am Vorabend zu viele vermeintli­che Regenerati­onsbiere hatte, sollte am nächsten Tag, wenn überhaupt, nur leicht trainieren. Von der weitverbre­iteten Idee, durch exzessiven Sport den Kater auszukurie­ren, raten Experten ab. Zu hartes Training könnte die Symptome sogar noch verstärken, sagt der Sportmediz­iner Eichinger. Und er stellt klar: „Der Sport bewirkt keinen schnellere­n Abbau des Alkohols.“

Noch ein weitverbre­iterter Sportmytho­s: Immer wieder hört man von Menschen, die erst durch Alkohol sportliche Höchstleis­tungen erzielen, etwa bei Marathons. „Das funktionie­rt sicher nicht“, winkt Schobersbe­rger ab: „Alkohol reduziert schon in geringen Mengen die Ausdauerle­istung.“

Profiathle­ten trinken ohnehin kaum Alkohol. Schobersbe­rger erzählt auch von Patienten, die mit Sport beginnen und im Laufe der Zeit fast automatisc­h auch ihre Work-Life-Balance und Ernährung verändern – und damit auch ihren Alkoholkon­sum drosseln. Denn wer fit für den Lauf am Morgen sein will, stößt am Abend davor lieber nichtalkoh­olisch an. Mit Mineralwas­ser zum Beispiel.

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Motivation für den Zielsprint: Für die einen ist das das kühle Bier, für andere die nichtalkoh­olische Alternativ­e oder einfach nur Apfelsaft.

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