Entscheidung über U-Haft für Seisenbacher
Die unschlüssige Klimapolitik der SPÖ gibt Grünen und Neos Auftrieb
Wien – Einen Tag nach der Auslieferung von Peter Seisenbacher (59) von der Ukraine nach Österreich wurde am Freitag die erste U-Haft-Verhandlung für den ExJudoka, der in Österreich unter Missbrauchsverdacht steht, erwartet. Laut Landesgericht wird über den Antrag der Staatsanwaltschaft aber erst heute, Samstag, entschieden. Eine Entscheidung über Verhängung der U-Haft muss binnen 48 Stunden nach Einlieferung – in diesem Fall in die Justizanstalt Josefstadt – getroffen werden. Wie berichtet, wurde Seisenbacher an der Grenze zwischen der Ukraine und Polen festgenommen. Er hatte sich Ende 2016 vor seinem Prozess in Wien abgesetzt. (red)
Es ist in mancher Hinsicht der langweiligste Wahlkampf seit Jahren: Wir wissen, wer am 29. September siegen wird. Die ÖVP liegt in den Umfragen uneinholbar voran. Und wir wissen, wer Kanzler danach wird: Da ein rot-blaues Bündnis ausgeschlossen ist, kann nur Sebastian Kurz eine Regierung bilden.
Aber die Wahl bietet auch abseits der Frage, ob die ÖVP näher zur 30Prozentoder 40-Prozent-Marke zu liegen kommt, Spannung. Es geht auch um die zukünftige Führungsrolle im linksliberalen Lager, dessen Anhänger sich dadurch definieren, dass sie weder konservativ noch rechtspopulistisch denken. Wie schon in zahlreichen anderen europäischen Staaten wird auch in Österreich der Platzhirsch Sozialdemokratie von Grünen und Liberalen bedrängt. In Frankreich bildet Emmanuel Macrons MitteBewegung heute den einzigen starken Gegenpol zu rechts, in Deutschland liegen die Grünen in Umfragen schon ein ganzes Jahr vor der SPD.
So weit ist es in Österreich noch nicht; vor allem Senioren halten der SPÖ die Treue. Aber auch hier teilt sich die urbane Jugend in zwei Gruppen: Die eine wählt selbstverständlich grün, die andere tendiert zu den Neos. Sich zur SPÖ zu bekennen ist in diesem P Milieu ein wenig schräg. amela Rendi-Wagners Wahlkampf dürfte diesen Trend noch verstärken. Beim Klimawandel, der die Jungen massiv bewegt, folgt sie einem unschlüssigen Kurs, der sich von dem der ÖVP wenig unterscheidet. Ihre Absage an eine generelle CO2Steuer kommt der ländlichen Wählerschaft entgegen, verärgert aber umweltbewusste Städter. Die Strategie der SPÖ ist defensiv – Rendi-Wagner will eine weitere Wählerabwanderung nach rechts stoppen – und könnte eine zukünftige türkis-blaue Koalition ein paar Stimmen kosten. Aber viel wird sie weder von der ÖVP noch von der FPÖ zurückgewinnen. Und ihre Taktik gibt den Grünen, die 2017 auch an Christian Kern zahlreiche Wähler abgegeben haben, weiteren Auftrieb – ebenso den Neos, die auch den Klimaschutz auf ihre Fahnen heften. Weil Rendi-Wagner weniger Affinität zur digitalen Welt aufweist als ihr Vorgänger, öffnet sich für die Neos ein Tor auch bei sozial bewussten Techies.
Das heißt nicht, dass die SPÖ mit einem deklariert grünen Kurs besser
fahren würde. Mit ihrer historischen Patina und dem Gewerkschaftsapparat auf dem Rücken kann sie Jüngere nur schwer begeistern. Und solange die Schatten von Hans Peter Doskozil und Georg Dornauer über ihr schweben, hat Rendi-Wagner auch bei Frauen ein Glaubwürdigkeitsproblem.
Wenn SPÖ und Grüne im nächsten Parlament nur noch ein paar Prozentpunkte trennen und beide in Opposition bleiben, wird der Führungskampf im linken Lager losbrechen. Das muss kein Nachteil für die Demokratie sein: Drei starke linksliberale Parteien mit unterschiedlichen Ausrichtungen haben eine größere Chance, gegen die traditionelle rechte Mehrheit in Österreich anzukämpfen, als eine verknöcherte SPÖ.
Doch die Sozialdemokraten werden sich nach der Wahl gut überlegen müssen, wie sie den Absturz ins Bodenlose vermeiden können, den einige europäische Schwesterparteien erlitten haben. Noch fehlt den Grünen die politische Breite, um ein linkes Lager effektiv anzuführen; wirtschaftsnahe Liberalität wie die den Neos bleibt in Österreich wiederum ein Minderheitenprogramm. Und weiter nach rechts sollte das Land keinesfalls rücken.