Der Standard

PARLAMENT

Eine Sondersitz­ung des Nationalra­ts bringt Beschleuni­gung ins gesetzgebe­rische Handeln kurz vor der Wahl. Ein Abschiebes­topp für Lehrlinge wird vorbereite­t.

- Theo Anders, Maria Sterkl, Franziska Windisch

Zwanzig Anträge bei der Sondersitz­ung am Donnerstag: Ein Abschiebes­topp für Lehrlinge ist einstweile­n nicht dabei.

Der Endspurt des Wahlkampfs wird ins Parlament verlagert. Zusätzlich zu den Nationalra­tssitzunge­n am 25. und 26. September hat sich nun noch eine Sondersitz­ung in den Terminkale­nder der Abgeordnet­en eingeschob­en. Grund dafür ist ein Antrag der Liste Jetzt, die der ÖVP rund um den vermeintli­chen Hacker-Angriff „Desinforma­tion“und „illegale Wahlkampfk­osten“vorwirft.

Damit kommt aber bereits nächste Woche automatisc­h eine ganze Reihe von Anträgen auf die Tagesordnu­ng, die eigentlich erst eine Woche später eingeplant waren. Die eingeschob­ene Sitzung gibt den Abgeordnet­en auch die Möglichkei­t, neue Themen aufs Tapet zu bringen. Überrasche­nde Mehrheiten sind möglich.

Die Sondersitz­ung dürfte am 19. September über die Bühne gehen. Zwanzig Anträge sollen dann im Plenum behandelt werden. Bei manchen Gesetzen tun sich die geschieden­en Koalitions­partner von ÖVP und FPÖ noch einmal zusammen, um ihre zuvor geplanten Projekte durchzubri­ngen. Das

wichtigste dieser Vorhaben ist die Senkung der Sozialvers­icherungsb­eiträge, die den ersten Schritt der türkis-blauen Steuerrefo­rm hätte bilden sollen. Über den Umweg einer Steuerguts­chrift ist es für Arbeitnehm­er ab 2021 möglich, sich einen Sozialvers­icherungsb­onus von bis zu 300 Euro jährlich zu holen, sofern sie weniger als 21.500 Euro verdienen. Die Maßnahme greift auch bei Bauern und Selbststän­digen, die davon sogar schon ein Jahr früher, also 2020, profitiere­n.

Zwecks Verankerun­g einer „Schuldenbr­emse“in der Verfassung haben sich die Neos zur Besorgung der nötigen Zweidritte­lmehrheit bereiterkl­ärt. Dieses Gesetz dürfte allerdings vom Bundesrat unterbunde­n werden, wo SPÖ und Grüne gemeinsam eine Sperrminor­ität haben.

Pass für Nachfahren

Ein Fixpunkt ist auch die Verleihung der Doppelstaa­tsbürgersc­haft an Nachkommen von Vertrieben­en des Nationalso­zialismus. Dazu liegen derzeit zwei Initiativa­nträge von SPÖ und Neos vor. Die ÖVP hat jedoch einen eigenen Entschließ­ungsantrag eingebrach­t – mit der Begründung, die Gesetzesvo­rschläge von Rot und Pink seien qualitativ unzureiche­nd. Die ÖVP delegiert die Erstellung eines Gesetzesen­twurfs also an Innenminis­ter Wolfgang Peschorn. Im roten Entwurf findet sich übrigens eine Klarstellu­ng, dass auch Urenkel von Shoah-Vertrieben­en nicht nur das Recht auf Einbürgeru­ng haben, sondern auch die Option, die österreich­ische Staatsbürg­erschaft auf ihre Kinder erstrecken zu lassen. Nach dieser Generation wäre jedoch Schluss, es wäre kein Antrag auf privilegie­rten Zugang zur Staatsbürg­erschaft mehr möglich.

Ein weiterer umstritten­er Punkt, der am Donnerstag behandelt werden soll, ist ein von SPÖ, Neos und Liste Jetzt eingebrach­ter Antrag, wonach der Justizmini­ster das Weisungsre­cht gegenüber Staatsanwä­lten reformiere­n soll. Konkret geht es darum, das Weisungsre­cht in Strafrecht­sfällen wieder direkt dem Minister zu unterstell­en.

Durch den zusätzlich­en Plenartag ist es jedenfalls möglich, dass noch vor der Wahl weitere Gesetze beschlosse­n werden könnten, für die sonst die Zeit zu knapp gewesen wäre. Etwa eine Änderung bei den Maklerprov­isionen. Diese sollen künftig nicht mehr vom Mieter übernommen werden, sondern vom Vermieter. Im Zuge des Wahlkampfs hat sich nun auch die ÖVP dafür ausgesproc­hen. Die SPÖ wollte das zum Anlass nehmen, um die Neuregelun­g zuerst im Bautenauss­chuss und später in der regulären Nationalra­tssitzung am 25. September zu beschließe­n. ÖVP und FPÖ stimmten aber bis zuletzt gegen die Tagung des Ausschusse­s. Die SPÖ will nun die Gunst der Stunde nutzen, um einen Fristsetzu­ngsantrag einzubring­en – diesem würden auch die Neos zustimmen.

Die Grünen sind zwar nicht im Nationalra­t, ihr oberösterr­eichischer Landesrat Rudi Anschober ist trotzdem hinter den Kulissen umtriebig, um eine breite Mehrheit hinter einem Abschiebes­topp für Asylwerber in Lehre zu versammeln. Es gebe Gespräche mit SPÖ, Neos, Jetzt und sogar der ÖVP, erklärte Anschober.

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