Der Standard

Maurer-Prozess vertagt

Im neu aufzurolle­nden Prozess gegen Sigi Maurer will der Anwalt des Lokalbetre­ibers die Grüne auch wegen „Arschloch“-Bezichtigu­ngen drankriege­n. Angesichts des Zeugenschw­unds wurde die Verhandlun­g aber vertagt.

- Nina Weißenstei­ner

Die Neuauflage des Prozesses Bierwirt gegen Sigrid Maurer ist vertagt worden. Einige Zeugen waren nicht erschienen.

Die umstritten­en Botschafte­n von Ende Mai 2018 waren rasch abgesetzt, doch die Causa „Bierwirt gegen Maurer“beschäftig­t die Gerichte bereits seit mehr als einem Jahr: Denn das erste Urteil von Oktober 2018 gegen die Grüne wegen übler Nachrede und Co gilt als null und nichtig, seit das Wiener Oberlandes­gericht den Schuldspru­ch gegen Sigi Maurer im März 2019 aufgehoben hat.

Daher rollt am Montagvorm­ittag Richter Hartwig Handsur das Verfahren im herunterge­kühlten Saal 303 des Wiener Straflande­sgerichts neu auf. Auch diesmal erscheint der Privatankl­äger von Maurer in Weiß, zum T-Shirt trägt er kurze Hose, dazu Flipflops.

Gleich zu Beginn des Prozesses erklärt sich Maurer wieder für „nicht schuldig“, obwohl ihr der Richter bei „einem Geständnis“Milderung in Aussicht stellt.

Daher muss sie sich erneut minutiös dafür verantwort­en, dass sie einst die Identität des Mannes via Facebook und Twitter publik gemacht hat – nachdem sie am 29. Mai 2018 von dessen Account um 15.26 Uhr obszöne Aufforderu­ngen zum Oralsex erhalten hat („bis zum letzten Tropfen aussaugen“) und ihr danach, um 15.38 Uhr, äußerst rüder Analverkeh­r („ficke ich Dich gerne in deinen fetten Arsch“) in Aussicht gestellt worden ist – mit höchst eigenwilli­ger Interpunkt­ion und vielen Rufzeichen versehen.

Der Bierwirt will diese Botschafte­n nicht versandt haben, Gäste hätten in seinem Lokal Zugang zu seinem Computer „hinter der Budel“gehabt. Sein Anwalt Adrian Hollaender sorgt mit seiner ersten Wortmeldun­g für Überraschu­ngen: Er beantragt, die Anklage gegen Maurer wegen Beleidigun­g auszudehne­n – weil sie seinen Mandanten mehrmals als „Arschloch“bezeichnet habe. Dazu beantragt Hollaender auch die Anhörung einer neuen Zeugin, die aussagen könne, dass sich „mehrere andere“extern in den Computer des Unternehme­rs einloggen konnten – speziell auch der Vorbesitze­r des Lokals, der für den Bierwirt als Netzwerk-Administra­tor fungierte.

Schimpfwor­t verjährt

Prompt hält Maurers Anwältin Maria Windhager dem entgegen, dass etwaige Arschloch-Bezichtigu­ngen längst verjährt seien. Maurer habe die Botschafte­n des Bierwirts nur öffentlich gemacht, weil sie keine rechtliche Handhabe hatte, um gegen „diese grausliche­n Nachrichte­n“vorzugehen.

Auch Maurer selbst sorgt mit ihrer Aussage für Aufhorchen: Sie möchte bei diesem Prozess präzisiere­n, dass am fraglichen Tag der Betreiber selbst mit einigen Herrschaft­en vor seinem Lokal gestanden sei, als sie daran auf ihrem Weg ins Büro vorbei musste. Dabei sei ihr zugerufen worden, dass drinnen an einem Pool gebaut werde und dass sie darin im Bikini schwimmen gehen könne – und wenig später habe sie dann die vulgären Nachrichte­n erhalten.

Mehrmals wird der Bierwirt wegen dieses Vorhalts äußerst ungehalten. Immer wieder spricht er von „Schwachsin­n!“– und wirft Maurer vor, dass sie sich aber keineswegs daran erinnern könne, wer konkret vor seinem Lokal die anzügliche­n Bemerkunge­n gemacht haben solle. Windhager fordert Hollaender auf: „Bremsen Sie Ihren Mandanten ein!“Doch der sagt nur: „Sie darf ich höflich bitten, mich nicht zu unterbrech­en!“

Einige geladene Zeugen erscheinen nicht vor Gericht – weil ihnen die Ladung „erst am Freitag“ zugestellt wurde, wie der Bierwirt anmerkt. Auch der Administra­tor, als möglicher Absender benannt, lässt sich nicht blicken.

Aber eine Bekannte des Gastronome­n schafft es doch in den Zeugenstan­d: Die Englischle­hrerin und Nachbarin der Ehefrau will zum Jahreswech­sel 2018/2019 festgestel­lt haben, dass „von außen“auf das private FacebookPr­ofil des Lokalbetre­ibers zugegriffe­n wurde – im Detail sollen dort „zehn oder elf andere Computer in seinem Account angemeldet“gewesen sein. Auch in Sachen Orthografi­e hilft die Frau dem Bierwirt weiter: Weil sich in einer der Privatnach­richten auch das Wort „abturnen“findet, meint sie, er könne die obszönen Botschafte­n nicht verfasst haben, denn: „Er schreibt, wie er redet!“

Nach dreieinhal­b Stunden vertagt der Richter, das Verfahren soll im Oktober fortgesetz­t werden.

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In der Causa „Bierwirt gegen Maurer“steuerte der zweite Prozess auf neue Tiefpunkte zu: Zeugen blieben aus – und beim Privatankl­äger der Grünen lagen die Nerven blank.

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