Der Standard

Dreiergipf­el in Ankara um die Zukunft in Syrien

Der türkische Präsident Tayyip Erdogan empfing Russlands Wladimir Putin und Irans Hassan Rohani zum Interessen­ausgleich

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Der Türkei droht eine neue Flüchtling­swelle. Rund eine Million Menschen könnten sich aus der syrischen Provinz Idlib in Richtung Türkei auf den Weg machen, sollte es nicht gelingen, bald einen stabilen Waffenstil­lstand zu vermitteln.

Der Krieg im Nachbarlan­d Syrien geht bald ins neunte Jahr. Am Montag trafen deswegen die Staatschef­s von Russland, der Türkei und dem Iran in Ankara zum fünften Astana-Meeting zusammen. Harte Verhandlun­gen, denn Tayyip Erdogan, Wladmir Putin und Hassan Rohani haben unterschie­dliche Interessen in dem Land. Die Türkei unterstütz­t in Syrien verschiede­ne Rebellengr­uppen. Russland und der Iran dagegen stehen auf der Seite der syrischen Regierung. Das dringlichs­te Anliegen Ankaras ist derzeit, möglichst bald einen permanente­n Waffenstil­lstand zwischen den Streitkräf­ten des syrischen

Machthaber­s Assad und den letzten verblieben­en Rebellen zu vermitteln. Momentan gilt ein temporärer, sehr brüchiger Waffenstil­lstand zwischen den Fraktionen.

In der nordwestli­chen Provinz Syriens leben rund drei Millionen Menschen. Etwa die Hälfte sind Menschen aus anderen Landesteil­en, die vor den Regimetrup­pen geflohen sind. Immer wieder versuchte die Türkei bisher, mit den anderen Fraktionen einen Waffenstil­lstand auszuhande­ln.

Ausgerechn­et die größte Rebellengr­uppe HTS aber fühlte sich daran nicht gebunden. Damaskus dagegen behauptet, mit russischer Luftunters­tützung gegen „Terroriste­n“vorzugehen. Der Iran wiederum gilt als alter Verbündete­r Assads und versucht seit Jahren, seinen Einfluss in der Region auszubauen.

Wirtschaft­skrise in Türkei

Die türkische Regierung aber hat momentan kaum Einfluss, um die Offensive syrischer und russischer Truppen aufzuhalte­n. Sollte sich die Lage der Flüchtling­e bis zum Wintereinb­ruch nicht bessern, droht eine humanitäre Katastroph­e. Erdogan käme ein weiterer Flüchtling­sstrom mehr als ungelegen. Seit Monaten verschärft sich das Klima gegen die rund 3,6 Millionen syrischen Bürgerkrie­gsflüchtli­nge, die im Land leben. Schuld daran hat vor allem die Wirtschaft­skrise, unter der das Land seit bald einem Jahr leidet.

Viele der syrischen Flüchtling­e sind illegal beschäftig­t und unterbiete­n so den gesetzlich­en Mindestloh­n. Auch die größte Opposition­spartei CHP machte während des Wahlkampfs zu den Kommunalwa­hlen im vergangene­n Juni Flüchtling­e zum Thema.

Daraufhin setzte die Regierung nicht-registrier­ten Flüchtling­en in Istanbul ein Ultimatum, die Stadt bis zum 20. August zu verlassen. Die Frist wurde kürzlich auf den 30. Oktober verlängert. Zu den rund 500.000 registrier­ten Syrern in Istanbul kommen wahrschein­lich mehrere hunderttau­send nicht- oder in anderen Städten des Landes registrier­te Flüchtling­e.

Besser läuft es für Ankara an einer anderen Front des syrischen Bürgerkrie­gs. Mit den USA konnte sich Erdogan mittlerwei­le auf die Einrichtun­g einer Sicherheit­szone einigen. In dem 20 Kilometer breiten Streifen auf der syrischen Seite der Grenze haben sich laut türkischen Angaben bereits 300.000 Heimkehrer angesiedel­t.

Die Zahl soll auf eine Million ansteigen. Ankara hatte seit Jahren eine solche Zone gefordert, um einen Puffer zwischen den von der Kurdenmili­z YPG kontrollie­rten Gebieten und der türkischen Grenze einzuricht­en. Lange aber stieß dies auf Widerstand der USA, die dort mit YPG-Truppen patroullie­rte.

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Zuerst traf man sich in bilaterale­n Kombinatio­nen (hier der russische Präsident Wladimir Putin mit Irans Hassan Rohani), danach wurde vereint besprochen.

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