Der Gott des Gekletzels
Der Discokönig und Schmähbruder Wolfram und sein neues Album „Amadeus“
Kommendes Wochenende macht Wolfram in Hongkong und Schanghai Party. Ansonsten war es heuer etwas ruhiger mit den Schwerpunkten Wien und Berlin oder Trips nach Warschau und Eriwan. Nach achtjähriger Veröffentlichungspause musste der Wiener DJ Wolfram (vormals Wolfram Amadeus oder auch Discokaine und marfloW), der früher daheim in Kärnten Wolfram Eckert gerufen wurde, heuer immerhin schon wieder ein Album fertigstellen. Abgesehen von einigen Tracks und Remixes handelt es sich bei Amadeus um den Nachfolger seines 2011 erschienenen Debüts Wolfram.
Wolfram erfindet sich mit den auf Amadeus enthaltenen Tracks nicht neu. Über die Jahre aber hat er sein Händchen für Duracell-Hasen auf dem Dancefloor konsequent oder halt so nebenbei verfeinert, solange es keinen zu großen Stress macht. Und Wolfram hat in seinen Telefonkontakten neue Nummern dazubekommen.
Dass auch Falco originellerweise für den Titeltrack Amadeus ein paar tempomäßig hochgepitchte Vokalsamples aus Rock Me Amadeus beisteuert, ist dabei ein halbguter Witz. Mit dem kann man in Wien jedem Partygänger, der nicht bei drei auf einen Cocastrauch geflüchtet ist, zwar ordentlich
auf den Zeiger gehen, in Hongkong dürfte das allerdings egal sein. Frechheit siegt.
Disco und Schabernack sind spätestens seit Giorgio Moroder und Munich Disco (I Feel Love) und vor allem auch seit der Erfindung der für das damalige Kindergartenkind Wolfram prägenden, für Fahrgeschäfte auf Kirtagen wesentlichen und inhaltlich vorschultauglichen Italo-Disco in den 1970er-Jahren ein Geschwisterpaar. Gemacht für Tagada und Fünf-Uhr-Kränzchen der Pfarrjugend, in reinstes Plastik gegossen damals von Acts wie Gazebo, Taco, Righeira oder La Bionda mit One For You, One For Me. Wolfram ist ein Meister des Schabernacks.
Nachdem das Album mit dem Instrumental Scirocco gestartet ist, das wie die Titelmelodie aus einem heute gern bei Tele 5 gezeigten postapokalyptischen Schrott-Sci-Fi-Film der 1980erJahre klingt (der Held trägt Vokuhila!), hat Wolfram die berühmte Sexualisierungskünstlerin Peaches dazu eingeladen, einen Genreklassiker im Geist der alten Munich-Disco-Zeiten zu interpretieren. Käsige Synthesizer, antike Rhythmusprogramme aus der Steckdose, gewieft aus der Tanzgeschichte zusammengekletzelte Samples: Automatic ist ein Update des 1970er-Floorfillers Automatic Lover, in dem es um Liebemachen mit einem leistungsstarken und ausdauernden Roboter geht: Duracell-Familienpackung.
Baywatch und „bummzua“
Die berühmten Piano-Samples aus der House-Musik dürfen weiter hinten auf dem Album ebenso wenig fehlen wie der einst von What Is Love? bekannte Eurodance-Gott Haddaway. Bademeisterin Pamela Anderson, der vergessene US-Hip-Hopper Egyptian Lover und Yung Hurn ergänzen die für die Großraumdiscos bestens geeigneten Tracks. Große Hits fehlen. Wird schon. Nur Yung Hurn beklagt sich im Track Rein, dass er nicht in den Club reinkommt, weil er „bummzua“ist. Überraschung!