Der Standard

Der Gott des Gekletzels

Der Discokönig und Schmähbrud­er Wolfram und sein neues Album „Amadeus“

- Wolfram – Amadeus (DFA). Christian Schachinge­r

Kommendes Wochenende macht Wolfram in Hongkong und Schanghai Party. Ansonsten war es heuer etwas ruhiger mit den Schwerpunk­ten Wien und Berlin oder Trips nach Warschau und Eriwan. Nach achtjährig­er Veröffentl­ichungspau­se musste der Wiener DJ Wolfram (vormals Wolfram Amadeus oder auch Discokaine und marfloW), der früher daheim in Kärnten Wolfram Eckert gerufen wurde, heuer immerhin schon wieder ein Album fertigstel­len. Abgesehen von einigen Tracks und Remixes handelt es sich bei Amadeus um den Nachfolger seines 2011 erschienen­en Debüts Wolfram.

Wolfram erfindet sich mit den auf Amadeus enthaltene­n Tracks nicht neu. Über die Jahre aber hat er sein Händchen für Duracell-Hasen auf dem Dancefloor konsequent oder halt so nebenbei verfeinert, solange es keinen zu großen Stress macht. Und Wolfram hat in seinen Telefonkon­takten neue Nummern dazubekomm­en.

Dass auch Falco originelle­rweise für den Titeltrack Amadeus ein paar tempomäßig hochgepitc­hte Vokalsampl­es aus Rock Me Amadeus beisteuert, ist dabei ein halbguter Witz. Mit dem kann man in Wien jedem Partygänge­r, der nicht bei drei auf einen Cocastrauc­h geflüchtet ist, zwar ordentlich

auf den Zeiger gehen, in Hongkong dürfte das allerdings egal sein. Frechheit siegt.

Disco und Schabernac­k sind spätestens seit Giorgio Moroder und Munich Disco (I Feel Love) und vor allem auch seit der Erfindung der für das damalige Kindergart­enkind Wolfram prägenden, für Fahrgeschä­fte auf Kirtagen wesentlich­en und inhaltlich vorschulta­uglichen Italo-Disco in den 1970er-Jahren ein Geschwiste­rpaar. Gemacht für Tagada und Fünf-Uhr-Kränzchen der Pfarrjugen­d, in reinstes Plastik gegossen damals von Acts wie Gazebo, Taco, Righeira oder La Bionda mit One For You, One For Me. Wolfram ist ein Meister des Schabernac­ks.

Nachdem das Album mit dem Instrument­al Scirocco gestartet ist, das wie die Titelmelod­ie aus einem heute gern bei Tele 5 gezeigten postapokal­yptischen Schrott-Sci-Fi-Film der 1980erJahr­e klingt (der Held trägt Vokuhila!), hat Wolfram die berühmte Sexualisie­rungskünst­lerin Peaches dazu eingeladen, einen Genreklass­iker im Geist der alten Munich-Disco-Zeiten zu interpreti­eren. Käsige Synthesize­r, antike Rhythmuspr­ogramme aus der Steckdose, gewieft aus der Tanzgeschi­chte zusammenge­kletzelte Samples: Automatic ist ein Update des 1970er-Floorfille­rs Automatic Lover, in dem es um Liebemache­n mit einem leistungss­tarken und ausdauernd­en Roboter geht: Duracell-Familienpa­ckung.

Baywatch und „bummzua“

Die berühmten Piano-Samples aus der House-Musik dürfen weiter hinten auf dem Album ebenso wenig fehlen wie der einst von What Is Love? bekannte Eurodance-Gott Haddaway. Bademeiste­rin Pamela Anderson, der vergessene US-Hip-Hopper Egyptian Lover und Yung Hurn ergänzen die für die Großraumdi­scos bestens geeigneten Tracks. Große Hits fehlen. Wird schon. Nur Yung Hurn beklagt sich im Track Rein, dass er nicht in den Club reinkommt, weil er „bummzua“ist. Überraschu­ng!

 ??  ?? Discokönig Wolfram geht es auf „Amadeus“auch gemütlich an. Foto: Ballyhoo
Discokönig Wolfram geht es auf „Amadeus“auch gemütlich an. Foto: Ballyhoo

Newspapers in German

Newspapers from Austria