Acht Beschuldigte in Causa Chorherr
Die Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt im Zusammenhang mit dem Verein s2arch, den der ehemalige grüne Abgeordnete Christoph Chorherr gegründet hat, auch im Magistrat für Flächennutzung.
Die Ermittlungen gegen den langjährigen grünen Gemeinderat Christoph Chorherr sind zum Wahlkampfthema geworden. Wie berichtet, erhielt das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung nach einem Amtshilfeersuchen freiwillige Einschau in Akten des Wiener Magistrats für Flächenwidmung (MA 21). Die für die Abteilung zuständige grüne Planungsstadträtin Birgit Hebein teilte am Montag auf Anfrage aber mit, dass es „kein Ermittlungsverfahren gegen die MA 21“gebe.
Stattdessen würden die Behörden „aufgrund einer Anzeige aus dem Jahr 2017 gegen einen ehemaligen Mandatar“ermitteln. Der Name Chorherr wurde dabei nicht explizit erwähnt. Die Übergabe der Akten aus dem Magistrat hat vor Wochen stattgefunden.
Am Nachmittag räumte Hebein ein, dass es doch Erhebungen gegen einen Beamten gebe. Das Verfahren fuße auf einer anonymen Anzeige.
Polit-Rückzug im Februar
Chorherr hat im Februar 2019 seinen Rückzug aus der Politik vollzogen. Davor war der Planungssprecher der Grünen in die Kritik geraten, weil der von ihm 2004 gegründete gemeinnützige Verein s2arch teils höhere Spenden von Immobilieninvestoren erhalten hat. Dass Spenden an die NGO je einen Einfluss auf seine Tätigkeit als grüner Mandatar genommen hätten, wie ihm das von den Wiener Oppositionsparteien vorgeworfen wird, wies Chorherr stets vehement zurück.
Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) bestätigte dem STANDARD, dass die Aktenübergaben in der MA 21 mit den Ermittlungen im Zusammenhang mit dem Verein s2arch zu tun haben. „Das hängt damit zusammen“, sagte ein Sprecher. Ermittlungen laufen gegen insgesamt acht Personen wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs, der Bestechlichkeit und der Bestechung. Namen werden von der Behörde keine genannt.
An den Verein, der nach Eigenangaben unter anderem zwei Ithuba-Schulen in Südafrika für 520 armutsbetroffene Kinder errichtet hat, soll auch Heumarkt-Investor Michael Tojner gespendet haben – und zwar über Ithuba Capital. Das Unternehmen gehörte dem Investor bis 2009. Die Spenderliste wurde offiziell nie veröffentlicht.
Keine Funktionen mehr
Chorherr, der Anfang 2018 alle seine Funktionen im Verein zurückgelegt hat, war vorerst nicht zu erreichen. Es gilt die Unschuldsvermutung. Im September 2018 sagte er dem STANDARD: „Es gibt nur bösartige Unterstellungen. Irgendwann wird das Verfahren eingestellt werden, und dann wird man sich fragen: Was war das eigentlich?“
Neben Spenden erhielt der Verein auch Förderungen der Stadt Wien: Bis 2016 wurden laut einem Bericht des Stadtrechnungshofs Wien – noch unter Obmann Chorherr – 550.000 Euro überwiesen. Die Prüfer stellten zwar fest, dass die Projekte förderungswürdig seien. Kritisiert wurde aber die mangelnde Qualität der eingereichten Abrechnungen. Zudem war für den Stadtrechnungshof nicht nachvollziehbar, „weshalb der Verein s2arch mit seinen Projekten nicht in Konkurrenz mit anderen Förderungswerbenden treten musste“. Dass Chorherr bei einzelnen Förderansuchen im Gemeinderat selbst mitgestimmt hat, räumte er bereits als Fehler ein.
Vorwürfe der Opposition
Die Wiener ÖVP kündigte an, im Gemeinderat eine „dringliche Anfrage zu mutmaßlicher Korruption bei rot-grünen Flächenwidmungen“einzubringen. Es müsse geklärt werden, „ob es gefällige Flächenwidmungen im Austausch für Spenden an Grün-nahe Vereine und Projekte gegeben hat“, sagte der nicht amtsführende Stadtrat Markus Wölbitsch. Die Neos wollen eine Sondersitzung des Gemeinderats einberufen.
Der grüne Klubchef David Ellensohn bezeichnete die Vorwürfe der Opposition hingegen als „Schmutzkübelkampagne“, die von ÖVP-Skandalen ablenken sollen. Die ÖVP stecke „bis zum Hals in einem Spendenskandal, der Verdacht, dass Millionäre sich Politik kaufen können, steht im Raum“, sagte Ellensohn.
Wer im Zusammenhang mit den aktuellen Ermittlungen in der MA 21 den Wiener Grünen vorwerfe, „auch nur einen einzigen Euro rechtswidrig angenommen zu haben, muss umgehend mit einer Klage rechnen“. Hebein begrüßte die aktuellen Ermittlungen. „Selbstverständlich kooperiert die MA 21 vollständig, sodass die Ermittlungen möglichst bald zu einem abschließenden Ergebnis kommen.“