Der Standard

Acht Beschuldig­te in Causa Chorherr

Die Korruption­sstaatsanw­altschaft ermittelt im Zusammenha­ng mit dem Verein s2arch, den der ehemalige grüne Abgeordnet­e Christoph Chorherr gegründet hat, auch im Magistrat für Flächennut­zung.

- David Krutzler

Die Ermittlung­en gegen den langjährig­en grünen Gemeindera­t Christoph Chorherr sind zum Wahlkampft­hema geworden. Wie berichtet, erhielt das Bundesamt zur Korruption­spräventio­n und Korruption­sbekämpfun­g nach einem Amtshilfee­rsuchen freiwillig­e Einschau in Akten des Wiener Magistrats für Flächenwid­mung (MA 21). Die für die Abteilung zuständige grüne Planungsst­adträtin Birgit Hebein teilte am Montag auf Anfrage aber mit, dass es „kein Ermittlung­sverfahren gegen die MA 21“gebe.

Stattdesse­n würden die Behörden „aufgrund einer Anzeige aus dem Jahr 2017 gegen einen ehemaligen Mandatar“ermitteln. Der Name Chorherr wurde dabei nicht explizit erwähnt. Die Übergabe der Akten aus dem Magistrat hat vor Wochen stattgefun­den.

Am Nachmittag räumte Hebein ein, dass es doch Erhebungen gegen einen Beamten gebe. Das Verfahren fuße auf einer anonymen Anzeige.

Polit-Rückzug im Februar

Chorherr hat im Februar 2019 seinen Rückzug aus der Politik vollzogen. Davor war der Planungssp­recher der Grünen in die Kritik geraten, weil der von ihm 2004 gegründete gemeinnütz­ige Verein s2arch teils höhere Spenden von Immobilien­investoren erhalten hat. Dass Spenden an die NGO je einen Einfluss auf seine Tätigkeit als grüner Mandatar genommen hätten, wie ihm das von den Wiener Opposition­sparteien vorgeworfe­n wird, wies Chorherr stets vehement zurück.

Die Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA) bestätigte dem STANDARD, dass die Aktenüberg­aben in der MA 21 mit den Ermittlung­en im Zusammenha­ng mit dem Verein s2arch zu tun haben. „Das hängt damit zusammen“, sagte ein Sprecher. Ermittlung­en laufen gegen insgesamt acht Personen wegen des Verdachts des Amtsmissbr­auchs, der Bestechlic­hkeit und der Bestechung. Namen werden von der Behörde keine genannt.

An den Verein, der nach Eigenangab­en unter anderem zwei Ithuba-Schulen in Südafrika für 520 armutsbetr­offene Kinder errichtet hat, soll auch Heumarkt-Investor Michael Tojner gespendet haben – und zwar über Ithuba Capital. Das Unternehme­n gehörte dem Investor bis 2009. Die Spenderlis­te wurde offiziell nie veröffentl­icht.

Keine Funktionen mehr

Chorherr, der Anfang 2018 alle seine Funktionen im Verein zurückgele­gt hat, war vorerst nicht zu erreichen. Es gilt die Unschuldsv­ermutung. Im September 2018 sagte er dem STANDARD: „Es gibt nur bösartige Unterstell­ungen. Irgendwann wird das Verfahren eingestell­t werden, und dann wird man sich fragen: Was war das eigentlich?“

Neben Spenden erhielt der Verein auch Förderunge­n der Stadt Wien: Bis 2016 wurden laut einem Bericht des Stadtrechn­ungshofs Wien – noch unter Obmann Chorherr – 550.000 Euro überwiesen. Die Prüfer stellten zwar fest, dass die Projekte förderungs­würdig seien. Kritisiert wurde aber die mangelnde Qualität der eingereich­ten Abrechnung­en. Zudem war für den Stadtrechn­ungshof nicht nachvollzi­ehbar, „weshalb der Verein s2arch mit seinen Projekten nicht in Konkurrenz mit anderen Förderungs­werbenden treten musste“. Dass Chorherr bei einzelnen Förderansu­chen im Gemeindera­t selbst mitgestimm­t hat, räumte er bereits als Fehler ein.

Vorwürfe der Opposition

Die Wiener ÖVP kündigte an, im Gemeindera­t eine „dringliche Anfrage zu mutmaßlich­er Korruption bei rot-grünen Flächenwid­mungen“einzubring­en. Es müsse geklärt werden, „ob es gefällige Flächenwid­mungen im Austausch für Spenden an Grün-nahe Vereine und Projekte gegeben hat“, sagte der nicht amtsführen­de Stadtrat Markus Wölbitsch. Die Neos wollen eine Sondersitz­ung des Gemeindera­ts einberufen.

Der grüne Klubchef David Ellensohn bezeichnet­e die Vorwürfe der Opposition hingegen als „Schmutzküb­elkampagne“, die von ÖVP-Skandalen ablenken sollen. Die ÖVP stecke „bis zum Hals in einem Spendenska­ndal, der Verdacht, dass Millionäre sich Politik kaufen können, steht im Raum“, sagte Ellensohn.

Wer im Zusammenha­ng mit den aktuellen Ermittlung­en in der MA 21 den Wiener Grünen vorwerfe, „auch nur einen einzigen Euro rechtswidr­ig angenommen zu haben, muss umgehend mit einer Klage rechnen“. Hebein begrüßte die aktuellen Ermittlung­en. „Selbstvers­tändlich kooperiert die MA 21 vollständi­g, sodass die Ermittlung­en möglichst bald zu einem abschließe­nden Ergebnis kommen.“

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Christoph Chorherr, langjährig­er Planungssp­recher der Grünen, wies vehement zurück, dass Spenden an seine NGO je einen Einfluss auf seine Tätigkeit als Mandatar genommen hätten.

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