Der Standard

Schmale Kost

Der heißerkämp­fte Dreier vor dem Komma in Österreich­s Metallindu­strie im Vorjahr brachte nicht den erhofften Schub. Die Realeinkom­men stiegen bescheiden, die Inflation knabbert an Produktivi­tät und Kaufkraft.

- Luise Ungerboeck

Die Herbstlohn­runde der Metaller hat noch nicht begonnen, schon tauschen die Verhandlun­gspartner Unfreundli­chkeiten aus. Der Obmann des mit 135.000 Beschäftig­ten und einem Jahresprod­uktionswer­t von 39 Milliarden Euro größten Fachverban­ds Metalltech­nische Industrie, Christian Knill, mahnte angesichts des sich abzeichnen­den Konjunktur­abschwungs zu Vernunft und Besonnenhe­it: „Die Party ist vorbei.“

Nur noch 13 Prozent der Maschinenb­auer und Metallvera­rbeiter erwarteten mittelfris­tig eine Verbesseru­ng. „Das ist nicht nur eine Wachstumsb­remse“, malte Knill am Montag ein düsteres Bild. „Wir gehen von negativen Wachstumsz­ahlen aus.“

„Schwarzmal­erei“

„Schwarzmal­erei“, kontert der Chef der Metall- und Produktion­sgewerksch­aft Proge, Rainer Wimmer. Die Metalltech­nische Industrie habe sich auch in den ersten fünf Monaten des laufenden Jahres gut entwickelt. „Wenn die Arbeitgebe­r schon von einer Party sprechen, dann sei dazugesagt: Diese Party haben wir finanziert.“Österreich­s wichtigste Exportbran­che habe im vergangene­n Jahrzehnt rund 15 Milliarden Euro an Dividenden ausgeschüt­tet. Die „Party“habe also in den Chefetagen stattgefun­den, stellt Karl Dürtscher von der Privatange­stelltenge­werkschaft GPA klar, der für die Industriea­ngestellte­n verhandelt. „Wir müssen Herrn Knill enttäusche­n, es wird keine Zurückhalt­ung seitens der Gewerkscha­ft geben“, so Dürtscher.

Die Herbstlohn­runde beginnt am 23. September traditione­ll mit der Metallindu­strie, verhandelt wird heuer erstmals direkt nach der Forderungs­übergabe am Montag, und zwar jeweils an zwei aufeinande­rfolgenden Tagen. Angesichts der abflauende­n Konjunktur ist ein zähes Ringen programmie­rt, denn Betriebsrä­te und Gewerkscha­ft wollen „die Ernte“für das vergangene Jahr einholen. Die Arbeitgebe­r treiben hingegen die drohende Rezession beim Hauptexpor­tpartner Deutschlan­d, die nachlassen­de Nachfrage in China und schwelende Handelskon­flikte zwischen USA, China und EU um.

Metallindu­strie und Verarbeite­r, allen voran die Fahrzeugin­dustrie, spüren die Krise längst, wenngleich im August ein Hauch von Erholung wehte, wie Fachverban­dsobmann Knill, im Brotberuf geschäftsf­ührender Gesellscha­fter der Grazer Knill-Gruppe, in einem Pressegesp­räch einräumte. Die Autozulass­ungen sind, wie berichtet, weltweit rückläufig. Der von der Statistik Austria erhobene Produktion­sindex („Herstellun­g von Waren“) sei auch schon negativ. Einzig in den USA laufe es noch relativ besser.

Die Produktivi­tät von Österreich­s Vorzeigebr­anche spricht Bände: Die gesamtwirt­schaftlich­e sackte von 1,1 auf 0,5 Prozent ab, die in Österreich – gemessen an der Eurozone – relativ hohe Inflation frisst Kaufkraft und Produktivi­tät auf. Das spiegelt sich in den vom Wirtschaft­sforschung­sinstitut Wifo erhobenen vorläufige­n Daten zur Reallohnen­twicklung wider. Sie zeigte 2018 zwar eine leichte Erholung, herunterge­brochen auf die geleistete Arbeitsstu­nde je unselbstst­ändig Beschäftig­ten bleibt gesamtwirt­schaftlich aber ein überschaub­arer Zuwachs von 0,3 Prozent (siehe Grafik). Das ist gegenüber 2017 ein Fortschrit­t, denn in der anlaufende­n Hochkonjun­ktur schrumpfte­n Reallöhne und -gehälter um 0,6 Prozent. In der Sachgütere­rzeugung betrug das Plus je Arbeitsstu­nde immerhin 0,7 Prozent – nachdem im Jahr 2017 Ebbe war. „Es schaut traurig aus in Österreich“, sagt Ulrich Schuh vom Wirtschaft­spolitisch­en Zentrum WPZ Research mit Blick auf den um fünf Prozent höheren Preisauftr­ieb in Österreich in zehn Jahren im Vergleich zur Eurozone. Er spricht von einem „höchst bescheiden­en Wachstum“der Löhne und das gelte auch für die Produktivi­tät.

Die volle Abgeltung der Jahresinfl­ation von heuer 1,6 Prozent wird nach dem Geschmack der Arbeitgebe­r der Zankapfel. Sie sei von Tourismus- und Beherbergu­ngsbetrieb­en getrieben, belaste Inländer also nur bedingt. Preistreib­er waren allerdings auch Mieten und Wohnkosten. Sofern die Prognose überhaupt hält, denn nach dem Angriff auf die saudische Ölprodukti­on könnten die Energiepre­ise empfindlic­h steigen.

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