Der Standard

Prognosen zum Ölpreis bleiben ein Ratespiel

Die Attacken auf Förderanla­gen in Saudi-Arabien haben die Ölpreise wenig überrasche­nd nach oben katapultie­rt. Ob Rohöl noch teurer wird oder sogar billiger und, wenn ja, wann, ist weniger klar und von vielen Faktoren abhängig.

- FRAGE & ANTWORT: Günther Strobl

Frage: Warum ist der Ölpreis über Nacht um etwa 20 Prozent in die Höhe geschnellt?

Antwort: Die sprunghaft­e Verteuerun­g ist dem Umstand geschuldet, dass wegen der Drohnenang­riffe auf Ölförderan­lagen in SaudiArabi­en, darunter die größte Raffinerie des Landes in Abkaik nahe des Persischen Golfes, schlagarti­g knapp die Hälfte der saudischen Ölprodukti­on ausgefalle­n ist.

Frage: Wie wichtig ist Saudi-Arabien für die Ölversorgu­ng?

Antwort: Sehr wichtig. Saudi-Arabien förderte zuletzt 9,9 Millionen Fass am Tag (je 159 Liter), das entspricht fast zehn Prozent der weltweiten Ölprodukti­on. Wenn etwa die Hälfte davon nicht mehr zur Verfügung steht, ist das nicht nichts. Die Menge entspricht etwa einem Drittel dessen, was in der gesamten EU pro Tag an Öl verbraucht wird. Frage: Gibt es keinen Ersatz? Antwort: Kurzfristi­g ja. Unter anderem hat US-Präsident Donald Trump zugesicher­t, eine noch zu definieren­de Menge Rohöl aus der strategisc­hen US-Reserve freizugebe­n, um den Ausfall saudischen Öls zumindest teilweise auszugleic­hen. Je länger es dauert, bis die saudische Ölwirtscha­ft wieder voll produktion­sfähig ist, desto größer werden die Auswirkung­en auf den Ölmärkten sein. Frage: Wie entsteht der Ölpreis? Antwort: Grundsätzl­ich ist es beim Ölpreis wie mit allen Preisen auf freien Märkten: Er bildet sich aus dem Wechselspi­el von Angebot und Nachfrage. Wobei es den Ölpreis gar nicht gibt. Es gibt eine Vielzahl unterschie­dlicher Sorten – je nach Region. Allein der Finanzinfo­rmationsdi­enst Bloomberg listet mehr als 100 verschiede­ne auf, die sich etwa in puncto Schwefelge­halt oder Viskosität unterschei­den. Für jede Sorte gibt es einen Preis, wobei als Faustregel gilt: Je besser die Qualität des Rohöls im Hinblick auf seine industriel­le Verwendbar­keit, desto teurer ist es.

Frage: Was sind die wichtigste­n Rohölsorte­n?

Antwort: Für den US-Markt ist die Sorte West Texas Intermedia­te (WTI) maßgeblich, für Europa die Nordseesor­te Brent.

Frage: Was beeinfluss­t den Ölpreis noch?

Antwort: Zum einen der Wechselkur­s. Weil Rohöl weltweit in Dollar gehandelt wird, ist in Europa immer auch das Verhältnis des Euro zur US-Währung relevant. Ist Europas Einheitswä­hrung schwach, schlägt sich eine Ölpreiserh­öhung an der Zapfsäule stärker nieder als im umgekehrte­n Fall. Und dann spielt auch noch die Spekulatio­n eine Rolle. Viele Unternehme­n im Energiesek­tor sichern sich über Finanzmark­tgeschäfte gegen Preisschwa­nkungen ab. Reine Finanzakte­ure wiederum wetten auf Preisverän­derungen und versuchen, dadurch gewinne zu machen.

Frage: Sind Treibstoff­e schon teurer geworden?

Antwort: Zu Wochenbegi­nn war das nicht der Fall, Beobachter gehen aber davon aus, dass die Zapfsäulen­preise steigen werden. Montagvorm­ittag kosteten Superbenzi­n und Diesel an den vom ÖAMTC beobachtet­en Tankstelle­n in Österreich im Schnitt sogar etwas weniger als Freitagabe­nd. Erst Montagnach­mittag setzten die meisten Tankstelle­nbetreiber die Preise im Schnitt um etwas mehr als drei Cent je Liter hinauf.

Frage: Ist das außergewöh­nlich?

Antwort: Nein, sagt der Autofahrer­klub. Am Sonntag und Montagvorm­ittag sei es langjährig­er Beobachtun­g zufolge immer am günstigste­n, den Tank aufzufülle­n, Richtung Wochenende in der Regel am teuersten. Man müsse die nächsten Tage abwarten, um mehr Klarheit zu haben.

Frage: Welche Rolle spielt die Konjunktur?

Antwort: Je stärker der Konjunktur­motor brummt, desto größer ist der Bedarf an Öl. Wegen Rezessions­gefahren wurden zuletzt Bedarfspro­gnosen für Öl zurückgeno­mmen. Ein höherer Ölpreis könnte die Konjunktur zusätzlich bremsen.

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Wie in Dubai schossen Montagmorg­en auch auf anderen Märkten die Notierunge­n für Öl und die Aktien von Ölunterneh­men nach oben.

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